Eier, wir brauchen Eier.“ Dieser berühmte Ausruf des früheren Bayern-München-Torhüters Oliver Kahn, den er nach einer Niederlage äußerte, trifft auch auf den Eierlikörhersteller Verpoorten aus Bonn zu, und das seit mehr als 140 Jahren. Als Eugen Verpoorten im Jahr 1876 den ersten Eierlikör in Heinsberg bei Aachen produzierte, konnte er wohl noch nicht ahnen, wie sein Produkt die nachfolgenden Generationen der Familie Verpoorten prägen würde. Damals war Eierlikör aus eigener Herstellung noch eines von vielen Produkten im Gemischtwarenladen des Gründers. Der zunehmende Erfolg des cremigen Getränks habe letztlich zur Spezialisierung auf das eine Produkt geführt, erklärt der Geschäftsführer der Verpoorten GmbH & Co. KG, William Verpoorten, der das Unternehmen in der fünften Generation führt.
Man ist stolz auf die lange Tradition. „Das Rezept des gelben Klassikers wurde seit 1876 nicht verändert und ist natürlich streng geheim“, sagt Marketing-Chefin Sandra Dülpers. Bevor sich Verpoorten 1952 in der damaligen Bundeshauptstadt Bonn niederließ, war man schon in Berlin und Bayern aktiv. Doch Bonn war vielversprechend, weil die Stadt eine gute geographische Lage und Anbindung an das Autobahnnetz hatte, wie Verpoorten erläutert.
Eierlikör erfuhr besonders in den sechziger und siebziger Jahren eine Blütezeit. Das Unternehmen stieg laut Dülpers zum Marktführer für Markeneierliköre auf. Berühmt ist der Ausruf „Ei, Ei, Ei, Verpoorten“, der die damalige Kampagne prägte. Auf das möglicherweise angestaubte Image des Likörs als Getränk für ältere Damen habe man frühzeitig reagiert, sagt Dülpers, und vor einigen Jahren eine Abteilung eingerichtet, die sich auf die Entwicklung neuer Einsatz- und Kombinationsmöglichkeiten für Eierlikör in Rezepten und Cocktails konzentriere.
Für ein Unternehmen mit einer so langen Geschichte ist es durchaus eine Herausforderung, „in aller Munde“ zu bleiben. Damit man auch die jüngeren Zielgruppen anspricht, werden neue Ideen besonders in den sozialen Medien veröffentlicht und beworben. So werden ausgewählte Influencer mit Testpaketen inspiriert; diese enthalten Verpoorten-Produkte und vor allem Rezepte zur Verwendung des Eierlikörs im Cocktail-, Back- und Dessertbereich. „Unsere tägliche Aufgabe ist es, die nachwachsenden Konsumenten im aktuellen Zeitgeist anzusprechen“, sagt Dülpers. Vor diesem Hintergrund sind auch die Editionen „Pfirsich-Maracuja“ und „Amaretto-Apricot“ mit modernem Flaschen- und Etikettendesign entstanden.
Nach Angaben des Geschäftsführers liegt die Exportquote bei etwa 30 Prozent. „Unser Likör wird von Amerika bis Japan getrunken, insgesamt exportieren wir in dreißig Länder“, sagt Verpoorten. Wichtigster Markt bleibt Deutschland, dann folgen Österreich und die Schweiz. Dabei erwirtschaftet das Unternehmen laut Verpoorten einen Umsatz von rund 50 Millionen Euro im Jahr. Rund 6 Prozent des Absatzes erwirtschaftet das Unternehmen im Duty-Free-Bereich. Zum genauen Gewinn macht der Geschäftsführer keine Angaben, versichert aber, immer schwarze Zahlen geschrieben zu haben. Mit 120000 bis 150000 Flaschen am Tag sei man bezüglich der Käuferreichweite eine der stärksten Spirituosenmarken in Deutschland. 93 Mitarbeiter und zwanzig Handelsagenturen mit achtzig Außendienstmitarbeitern arbeiten für das Unternehmen.
William Verpoortens Tochter ist nach ihrem Studium und vier Jahren Berufserfahrung in der Markenartikelindustrie kürzlich in das Unternehmen eingetreten. Das Ziel ist, den Vater irgendwann abzulösen und die Leitung zu übernehmen. Wer im Unternehmen arbeitet, muss keine Schicht- oder Wochenenddienste befürchten. „Wir sind ein familienfreundliches Unternehmen“, betont Verpoorten. Eine weitere Besonderheit sei, dass man ausschließlich Eierlikör produziere. Dadurch werde die ganze Aufmerksamkeit auf ein Produkt gelenkt, erklärt der Geschäftsführer.
Verpoorten arbeitet mit anderen Familienbetrieben zusammen, zum Beispiel mit Bofrost, dem in Europa größten Direktvertreiber von Tiefkühlkost. Bofrost verkauft Eisbecher, Eishörnchen und Windbeutel, die mit Verpoorten-Eierlikör gefüllt sind – der Markenname des Bonner Unternehmens steht auf den Verpackungen. Es gibt auch Ostereier mit dem Eierlikör und zudem Pralinen und Baumkuchenspitzen. So verringert Verpoorten die Abhängigkeit von der Ostersaison.
Wegen des Rohstoffs Ei ist Eierlikör ein sehr sensibles Produkt, Qualität spielt eine wichtige Rolle. Um sie sicherzustellen, verfüge das Unternehmen über ein modernes Labor, berichtet Verpoorten. Dort werden die Eier kontrolliert. Außerdem werden nur deutsche Eier aus einem Umkreis von rund 200 Kilometern bezogen.
Auf Nachhaltigkeit lege man auch viel Wert. So verfüge man über eine der größten Photovoltaikanlagen in Bonn, berichtet Verpoorten. Darüber hinaus betreibt der Eierlikörhersteller ein eigenes Blockheizkraftwerk. Die Eierschalen liefert er kostenlos an einen Kompostierbetrieb, der sie mit Grünabfällen mischt und aufbereitet. Mit dem Endprodukt werden landwirtschaftliche Flächen gedüngt. Das nicht benötigte Eiklar verkauft Verpoorten an das Back- und Konditorhandwerk, wo es beispielsweise zu Schokoküssen, Cremefüllungen und Baisers verarbeitet wird. Laut Dülpers generiert man dadurch rund 15 Prozent des Umsatzes.