Die Smart Small Satellite Systems GmbH aus Würzburg, die sich auch S4 nennt, stellt Kleinsatelliten in der ungefähren Größe eines Schuhkartons her; sie wiegen zwischen einem und 24 Kilogramm. Die Satelliten fertigen größtenteils Roboter nach dem Wunsch des Auftraggebers. „Wir sind für die nächsten drei Jahre komplett ausgebucht“, berichtet der Raumfahrttechnik-Professor und Mitgründer von S4 Klaus Schilling. Derzeit produziert man jeden Monat im Durchschnitt einen Kleinsatelliten. Die Preise der standardisierten Modelle variieren je nach Fähigkeiten und verbauten Komponenten stark und liegen inklusive der In-Orbit-Platzierung zwischen 300 000 und 4 Millionen Euro.
Im Vergleich zu den tonnenschweren geostationären Satelliten in rund 36 000 Kilometer Höhe sind die sogenannten Nano- und Picosatelliten deutlich leichter zu transportieren. Die geringe Distanz von 300 bis 600 Kilometern zu ihren Planstellen auf der Erde bietet große Vorteile und macht sie für einen breiteren Kundenkreis attraktiv.
Bei der „NetSat“-Mission im September 2020 demonstrierte S4 zusammen mit dem Würzburger Zentrum für Telematik erstmals die Teamfähigkeit der Kleinsatelliten. Die vier Nanosats tauschen Daten zu Position und Manövern untereinander aus, sodass sie nicht einzeln von der Erde aus gesteuert werden müssen. Solche Absprachen zwischen mehreren Exemplaren nennt man Formation. „Kleinsatelliten-Formationen macht sonst keiner in Deutschland“, erklärt Schilling, der schon bei interplanetaren Missionen wie Huygens und Rosetta Verantwortung trug.
Trotz der geringen Nutzlast sind die Kleinsatelliten nicht zu unterschätzen. Wegen der kurzen Entfernung zur Erde können manche eine schnelle Internetverbindung für bedürftige Gebiete herstellen. Außerdem werden ferngesteuerte Prozesse wie Drohnenflüge und autonomes Fahren durch die Echtzeitkommunikation zur Erde ermöglicht. Hinzu kommen Möglichkeiten, Klima und Natur zu erforschen. Neben komplexen Wolkenanalysen zur Wettervorhersage werden die Satellitenformationen von S4 auch im Biomonitoring eingesetzt. Zum Beispiel wird ein Waldgebiet genau beobachtet, damit Waldbrandgefahren frühzeitig erkannt werden können. Kleinsatelliten in einem niedrigen Orbit sind auch für hochsichere Geldüberweisungen mittels Quantenschlüsselverteilung geeignet.
Der Staat ist ein Ankerkunde des Unternehmens. Das Interesse privater Auftraggeber, zum Beispiel aus der Land- und Forstwirtschaft, weckt man durch Messen und Vorträge. Eine Erhebung des Bundeswirtschaftsministeriums prognostiziert die Inbetriebnahme von 15 000 Satelliten bis 2030; 90 Prozent davon seien Kleinsatelliten. Nach Einschätzung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) liegt die Zukunft der Raumfahrt immer mehr in der Hand von privaten Unternehmen. S4 ist Mitglied in der „New Space Initiative“ des BDI.
Aufträge haben die Würzburger in der jüngeren Vergangenheit aus der Tschechischen Republik und aus München sowie von etlichen Institutionen in Deutschland wie der Max-Planck-Gesellschaft erhalten. In den kommenden beiden Jahren will S4 Aufträge für 24 Satelliten verwirklichen. Nach Schilling gibt es in Deutschland weitere Gründer, die in der Branche Fuß fassen wollen. S4 sei jedoch für den ersten kommerziellen deutschen Kleinsatelliten verantwortlich.
Ein Auftrag, dessen Umsetzung noch in der etwas ferneren Zukunft liegt, ist das Projekt „Real Space Race“. S4 stellt Kleinsatelliten für ein frei zugängliches Wettrennen im Weltall unter mehreren sogenannten Racern bereit. Die speziell angepassten Satelliten sollen im Zeitraum von ungefähr einer Woche per Smartphone navigierbar sein. Ihre Rennstrecke folgt dem Kurs der Apollo-13-Mission, einmal um den Mond herum. Der Urheber der Idee und einer der zwei Hauptbeteiligten des Projekts, Matthias Stahnke, sagt, das Ziel sei, „den Weltraum für alle zu öffnen“. Stahnke schätzt den Preis der Mission auf 50 Millionen Euro, S4 erhalte einen siebenstelligen Betrag.
S4 ist 2017 aus dem Würzburger Zentrum für Telematik heraus gegründet worden. Die Gründer und Gesellschafter sind hauptsächlich Professoren und Absolventen. Außerdem gehören dem Zentrum für Telematik Anteile. Man nutze die Fachexpertise der Gesellschafter und sei in der Raumfahrt gut vernetzt, sagt Schilling. S4 beschäftige rund 50 Personen und stelle „sehr intensiv“ ein, berichtet Schilling, der Sprecher der Gesellschafterversammlung ist. Der Gesamtumsatz sei 2022 „kontinuierlich auf über 3 Millionen Euro gestiegen“. Das entspreche einer knappen Verdopplung.