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Wie man das CO2 aus dem Verkehr zieht

Mehr Güter sollen auf der Schiene transportiert werden. Wecon hilft dabei; das Unternehmen stellt Aufsätze für Tragwagen her.

F.A.Z.

18.03.2022

Nils Lütke Lengerich

Hans-Böckler-Berufskolleg, Münster

Produkte der  Wecon GmbH erleichtern  die Vereinbarkeit von Straße und Schiene.  Das mittelständische Unternehmen, das 1988 von Franz-Josef Hemker gegründet wurde, arbeitet  in zweiter Familiengeneration daran, den „kombinierten Verkehr“ (KV) voranzutreiben, die Verkehrsträger Straße und Schiene  zu verknüpfen. Dabei wird der Vor- und Nachlauf zu KV-Terminals weiter  über die Straße abgewickelt, die Langstrecke jedoch auf die Bahn verlagert. Mit dem KV erzielt Wecon rund die Hälfte seines Umsatzes, der 2021  knapp 60 Millionen Euro betrug.

Wenn es um den Transport von Gütern geht, wird  neue Technik ausprobiert, wie  batterie- oder wasserstoffbetriebene Lastwagen. „Aber warum das Rad neu erfinden, wenn wir schon ein funktionierendes haben?“, fragt Hendrik Hemker, Geschäftsführer und Mitinhaber von Wecon. Die erste Elektrolokomotive war schon 1882 auf dem Markt und wurde seitdem  verbessert.  Und so engagiert sich Wecon  für technische Lösungen, die  den Elektroantrieb auf der Schiene nutzen. Dabei arbeitet man mit der  Deutschen Bahn zusammen,  die im  Projekt „m2“   mit Europas größtem Waggonvermieter, der VTG AG aus Hamburg, ein   modulares Güterwagenkonzept entwickelt hat. „Wir möchten unsere jahrelange Erfahrung aus dem Bau von Wechsel- und Spezialaufbauten für Lkw nutzen und diese auf die Bahn übertragen“, sagt Hemker.

Im Projekt m2 hat DB Cargo einen Tragwagen entwickelt,  der modular bestückt werden kann. Es handelt  sich  um ein Fahrgestell, bei dem sowohl die Länge als auch der Aufbau variiert  werden können. Für diesen Tragwagen hat Wecon  verschiedene Aufsätze  entwickelt. Durch den   Tragwagen und die  Aufsätze kann  der klassische Waggon, der  nur für einen Transportzweck benutzt werden kann, ersetzt werden. Der Tragwagen hat  vorne und hinten  ein Drehgestell, an das ein dreiteiliger Rahmen aufgeschraubt wird. Zwischen diese beiden Drehgestelle wird ein Mittelrahmen geschraubt, dessen Länge wählbar ist.  So ist der Tragwagen für viele Einsatzbereiche geeignet.

 Wecon hat  Aufbauten für den Transport von Rundholz, Papierrollen, Stahlcoils und Stahlschrott gebaut.  „Transportbehälter haben einen kürzeren Entwicklungszyklus als konventionelle Güterwagen. Das ermöglichte uns ein schnelles Agieren am Markt“, sagt Carolina Lasse,  Projektleiterin von m2 bei  DB Cargo. Aus Sicht von Hemker ist das Projekt ein  Quantensprung  zur Verlagerung von Verkehr  auf die Schiene. 

In der Regel sind mittelständische Spediteure und Logistiker Kunden von Wecon, aber auch große Lkw-Hersteller wie Daimler, MAN und  Scania. An den  Standorten von Wecon in Altenberge und Ascheberg sowie Strumien in Polen, aber auch in den Vertriebsniederlassungen in  Europa arbeiten  rund 350 Mitarbeiter. Wecon ist auch Hersteller von Gliederzügen und dort laut  Hemker Marktführer in mehreren europäischen Ländern.   Unter einem Gliederzug versteht man einen Motorwagen,  den vorderen Lkw mit Aufbau,  und einen  Anhänger. Ein Gliederzug kostet  je nach Ausstattung    150 000 bis  200 000 Euro. Im Bau von fest aufgebauten Anhängern mit seitlicher Schiebeplane ist der westfälische Hersteller nach eigenen Angaben Marktführer in Deutschland, mit einem Marktanteil von  12,5 Prozent im Jahr  2020.

   Bei den Motorwagen könne der Kunde sich  die Marke aussuchen. Wecon bekomme vom Fahrzeughersteller dann das Grundgerüst mit Kabine, Motor, Rahmen und Achsen und baue darauf den Rahmen für die Aufbauten.   Wechselaufbauten sind zum Beispiel Container, die nicht fest auf den Motorwagen oder Anhänger montiert sind und  auch auf Güterzügen oder anderen Motorwagen transportiert werden können.  In diesem Geschäftsbereich gebe  es nur noch drei, vier nennenswerte Hersteller in  Europa.

Wecon liege mit rund 2000 gebauten Wechselaufbauten im Jahr nach Krone auf dem zweiten Platz. Ein   Wechselcontainer koste zwischen 10 000 und 15 000 Euro.  Laut Geschäftsführer entwickelte man  schon 1994 einen Wechselaufbau mit drei Meter Innenhöhe und einem anhebbaren Dach. Damit konnten   Transportgestelle für die Automobilindustrie statt zweifach  dreifach gestapelt werden.

Wechselsysteme, Wechselbrücken und die Aufbaukonzepte für den  Tragwagen helfen nach Wecon   nicht nur dabei, dass weniger Lkw auf den Straßen unterwegs seien. Sie leisteten zudem einen großen Beitrag fürs Klima, da ein Güterzug  bis zu 40 Lastwagen  ersetzen könne. Da  die Bahn  als klimaneutral eingestuft werde, könnten mit dem kombinierten Verkehr, je nachdem, wie viel Strecke statt mit dem Lkw mit der Bahn zurückgelegt werde, bis zu 70 Prozent CO2 eingespart werden.

 

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