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Und das Eis ist Fleisch geworden

Hähnchenleber und Rindfleisch-Karotte: Cold & Dog ist europäischer Marktführer für Hundeeis. Wie gesund ist das?

F.A.Z.

15.09.2022

Amelie Ansaloni

Katholische Schule Liebfrauen, Berlin

Eis in den  Geschmacksrichtungen  Hähnchenleber oder Käse? Das gibt es für  den besten Freund des Menschen, den Hund.  Entwickelt haben  diese Produktidee die Berliner Zwillingsbrüder Raoul und Roman Krohn. Seit dem Jahr 2013 dominiere ihr Unternehmen, die Cold & Dog GmbH, den europäischen Markt für Hundeeis, doch ein Zuckerschlecken sei der Anfang dieser eiskalten Unternehmung nicht gewesen, sagt  Roman Krohn.

Die  Idee haben die beiden   im Alter von elf Jahren geboren. „Wir haben unseren Hund Lupo als Kinder öfter mit Schoko-Vanille-Eis gefüttert, aber unserer hundeliebenden Oma hat das  weniger gefallen“, erzählt  Krohn. „Sie erklärte uns, dass das Theobromin in Schokolade absolut schädlich für unseren Vierbeiner ist und dieselbe Wirkung wie ein Nervengift hat.“ Später  studierten die Brüder Betriebswirtschaftslehre und tasteten sich weiter voran.    Sie organisierten Verkostungsaktionen am Hundeauslaufgebiet des Berliner Grunewaldsees. „Die Herrchen und Frauchen haben direkt im Anschluss eine  Ratingskala ausgefüllt“, berichtet Krohn. „Anhand dieser Daten konnten wir  das Marktpotential feststellen.“

2013 gingen sie als Erste  auf den Markt für Hundeeis. „Wir haben in unserer 10 Quadratmeter großen Garage angefangen zu produzieren und die ersten 50 000 Becher von Hand befüllt“, erzählt  Krohn. Er habe  das Eis abgefüllt und Raoul die Eisbecher versiegelt. „Ich habe die Produkte sofort in unser Sortiment aufgenommen“, berichtet der Marketingleiter der Tierhandlung „Lucas Tierwelt“ in Berlin, Johannes Mecke. „Ich fand es großartig: zwei junge Kerle mit so einer einzigartigen Idee, und dann auch noch aus Berlin.“   Vor der Filiale hätten sie  Verkostungsaktionen durchgeführt, die regelrechte Begeisterungsstürme ausgelöst hätten.

15 bis 20 Paletten hole die Tiefkühlspedition wöchentlich  ab, sagt Krohn. „Auf einer Palette befinden sich mehr als 3500 Becher.“ In einem Becher seien jeweils 90 Milliliter von einer der sechs  Sorten. Der Inhalt entspreche etwa zwei Kugeln Eis. „Kleine Hunde dürfen auf keinen Fall den ganzen Becherinhalt fressen“, erklärt die Hamburger Hundeliebhaberin Gila Schuh. Sie  hat das Eis  selbst probiert.  „Das Käseeis fand ich ehrlich gesagt ziemlich lecker. Es schmeckte wie eine Mischung aus Cheesecake und Vanillepudding.“ Rind-Karotte sei  der Renner und bisher unangefochten, berichtet   Krohn, der wie sein Bruder unter einer Karottenallergie leidet. „Die Möhren mussten wir damals noch aus dem Supermarkt holen und per Hand schälen.“

Laktosefreier Joghurt ist laut Krohn die Basis des Eises.  Wöchentlich verbrauchten sie 2 bis 4 Tonnen.  Die Zutaten kauften sie jede Woche  frisch ein.  „Wir verwenden keine Pulver, bei uns wird alles frisch gebraten, gekocht und anschließend in die Maschinen geworfen.“  Das Rindfleisch  stamme aus einer deutschen Biometzgerei und koste etwa 17,50 Euro je Kilogramm. Die Becher seien  recycelbar. Problematisch sei der Versand. „Wir verschicken unser Eis momentan in Styroporkisten“, sagt Krohn. Mit  Expressversanddiensten komme  das Eis mit 99-prozentiger Sicherheit  am nächsten Werktag an. „Über den Onlineshop, der etwa 30 Prozent des Umsatzes ausmacht, versenden wir jährlich rund  10 000 Pakete.“

Das Eis selbst soll erfrischen und  als Belohnung fungieren. Die Grundzutaten seien optimal auf den Hund abgestimmt. „In allen Produkten ist eine wirksame Portion Inulin enthalten, was die Darmflora der Hunde präbiotisch beeinflusst“, erklärt  Krohn. „Zudem verwenden wir kalt gepresstes Leinöl, und der Fettgehalt ist mit 5,7 Prozent je Becher gering.“

Laut Jürgen Zentek, Professor und geschäftsführender Direktor am Institut für Tierernährung Berlin, sollte man dies skeptisch betrachten. „Grundsätzlich haben Inulin und ungesättigte Fettsäuren einen positiven Effekt auf das Tier“, sagt  er. Doch ob diese geringen Mengen  tatsächlich eine Wirkung hätten, sei fraglich. Außerdem:  „Nicht alle Hunde vertragen kalte Nahrung, da sie nicht ins Nahrungsspektrum der Tiere gehört. Und dass die Hunde das Eis eher schlingen als genießen, könnte ebenfalls Folgen für das Tier haben.“ Der Becher sei  automatisch ein Verschluckschutz, sagt hingegen Roman Krohn.

Rund 2700 Geschäfte in 13 europäischen Ländern vertreiben die Produkte des Berliner Unternehmens.  „Die meisten Anfragen kommen  aus Skandinavien und Italien“, sagt Krohn. Im Ausland werde etwa  so viel verkauft wie im Inland.  „Der Händler verkauft den Becher meistens für 2,60 Euro an den Endkunden.“  Auf Instagram bekämen sie täglich Anfragen von Influencern, die gern mit Cold & Dog kooperieren  würden. „Wir müssen die Influencer nicht einmal bezahlen, sie freuen sich über unsere Produkte und zeigen diese gern ihrer Community.“

„Am Anfang war es echt ein Knochenjob und hat uns viel Kraft, Zeit und Nerven gekostet“, berichtet  Krohn. „Aber mittlerweile haben wir über zehn Mitarbeiter, sind in die schwarzen Zahlen gerutscht und machen einen guten Gewinn.“ Der Umsatz des Unternehmens liege  im mittleren siebenstelligen Bereich. Es gebe nur  einen Konkurrenten, das sei  ein  amerikanisches Unternehmen.

„Dieses Jahr wollen wir wieder neue Produkte auf den Markt bringen“, berichtet  Krohn. Auf dem Plan stünden Hundepopcorn, Wiener Würstchen und ein vegetarischer Kauknochen.  Bevor ein neues Produkt  in den Regalen der Tierhandlungen zu finden sei, müssten die Hunde der Familie als Tester herhalten. „Ist die von uns erfundene Schwanzwedelskala oben, haben wir  grünes Licht.“

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