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Studenten suchen ein Stelldichein

Wenn die Jobsuche wie Netflix funktioniert, kann man jeden Tag aufs Neue wählen, was man arbeiten will. So vollmundig wirbt der Arbeitsvermittler Zenjob für sich.

F.A.Z.

20.12.2019

Finn Larsen

Gymnasium Ohmoor, Hamburg

Die Zenjob GmbH vermittelt über eine App studentische Aushilfskräfte an Unternehmen mit akutem Personalmangel. Studenten können so spontan Minijobs annehmen, Unternehmen gelangen kurzfristig an Aushilfen. Fritz Trott gründete Zenjob im Jahr 2015 mit Cihan Aksakal und Frederik Fahning. „Es ist sehr schwer zu studieren und gleichzeitig einen Job zu haben. Zenjob ist da eine gute Lösung, weil du dir jeden Tag einen Job aussuchen kannst und die komplette Freiheit hast“, erklärt Geschäftsführer Trott. Vor dem Hintergrund des digitalen Wandels habe man überlegt, „wie cool es wäre, wenn die Arbeitswelt genauso funktionieren würde wie Netflix und man sich jeden Tag aussuchen könnte, was man arbeiten will“. Die Zenjobber entschieden, wann, mit wem und wie oft sie arbeiteten. „Gleichzeitig haben wir erkannt, dass Unternehmen einen hohen Bedarf nach flexiblem Personal haben“, fährt Trott fort.

Der potentielle Markt von Zenjob sei riesig, sagt Skadi Schuppan, Leiterin des Hamburger Jobportals Stellenwerk. „Laut einer Statista-Umfrage von 2019 arbeiten über 60 Prozent der Studierenden parallel zu ihrem Studium. Auch unsere eigenen Erfahrungen zeigen dies. Allein auf unserer Stellenwerk Jobmesse in Hamburg haben wir jedes Jahr mehr als 15000 Besucher, was deutlich macht, welche Rolle die Jobsuche neben dem Studium bei den Studierenden spielt.“ Dabei biete die Digitalisierung der Jobsuche große Vorteile: „Die Digitalisierung hat die klassischen Aushänge und Zeitungsinserate um weitere Möglichkeiten ergänzt. Ob über soziale Netzwerke, Online-Jobbörsen oder die Stellenwerk-Jobportale als direkter Partner der Hochschulen, das digitale Angebot ist riesig.“

Die App von Zenjob schlägt registrierten Studenten Minijobs vor. Sie können aus drei Segmenten wählen: Industrie, Handel und Logistik, Event und Messe. Für Jobs, für die eine extra Qualifikation wie ein Führerschein benötigt wird, sind die Löhne höher als für einfache Arbeiten. Für Fahrerjobs zahlt Zenjob ein Durchschnittsgehalt von 13,58 Euro in der Stunde, Messehelfer und Packer erhalten 10,70 Euro. Auch die Komplexität spielt eine Rolle: So verdient jemand, der im Supermarkt Regale einräumt, weniger als jemand, der mit der Kasse umgehen kann und kassiert. „Wir haben bei Zenjob einen eigenen Mindestlohn eingeführt, wir zahlen immer mindestens 10,50 Euro die Stunde“, berichtet Trott.

Der Weg zu Zenjob ist allerdings nicht rein digital. Studierende füllen ein Formular mit ihren Kontaktdaten aus. Daraufhin erhalten sie eine Einladung zu einem persönlichen Gespräch in einem der Büros in Berlin, Köln, Hamburg, München, Düsseldorf oder Frankfurt. „Die erste Kontaktaufnahme war sehr einfach. Es gab einen schlüssigen Ablauf sowie eine gute Kommunikation“, berichtet die Studentin Zhihua Zhou. Nach dem Gespräch folgt die Freischaltung der Studierenden in der App. Nun bekommen sie Jobangebote aus vorher von ihnen gewählten Segmenten. „Die App funktioniert einwandfrei, es findet eine ganz einfache und schnelle Jobauswahl statt. Bei Problemen ist der Direktchat in der App eine Anlaufstelle, und man bekommt direkt eine Mitteilung, wenn es wieder neue Jobangebote gibt“, erklärt Zhou. „Die Aufgaben, die ich bekommen habe, entsprachen der Beschreibung in der App und waren alle machbar.“

Das Prinzip von Zenjob erinnert an die Vorgehensweise einer Zeitarbeitsfirma: Das Unternehmen arbeitet nach dem Prinzip des Personal-Leasings. Zenjob fungiert also als Arbeitgeber registrierter Studenten und verkauft deren Arbeit an Unternehmen. Die Kunden bezahlen dann einen bestimmten Betrag für jede geleistete Arbeitsstunde an Zenjob. Die Höhe hängt auch vom gebuchten Stundenvolumen ab. Von den Einnahmen bezahlt Zenjob die Studierenden spätestens 48 Stunden nach Ausübung des Jobs. Im Jahr 2017 hat man laut Trott je vermittelter Arbeitsstunde etwa einen Euro verdient. Die Bruttogewinnmarge sei in den vergangenen zwei Jahren stark gewachsen.

Zenjob reagiert auf spontane Anfragen von Unternehmen und findet meistens mit 24 Stunden Vorlauf eine Aushilfe. Auch andere Unternehmen haben sich auf die digitale Jobvermittlung von Studierenden spezialisiert. Sie bieten aber Beschäftigungen für einen längeren Zeitraum an.

Der Umsatz von Zenjob lag laut Trott im Jahr 2018 im unteren zweistelligen Millionenbereich. Das Unternehmen, das 220 Mitarbeiter beschäftigt, vermittelt mittlerweile nach eigener Aussage jeden Monat mehr als 12000 Jobs. „An sich ist das eine ziemlich gute und einfach Art und Weise, schnell und spontan mal 80 bis 100 Euro oder mehr am Tag zu verdienen. Jedoch kann man das nicht mit einem Werkstudentenjob vergleichen, bei dem man nützliche Erfahrungen für sein zukünftiges Berufsleben sammelt“, resümiert Zhou aus ihrer einjährigen Erfahrung mit Zenjob.

 

Zur Veröffentlichung in der F.A.Z.

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