Schon für die Verhüllung des Reichstags in Berlin im Jahr 1995 beschichtete die Rowo Coating Gesellschaft für Beschichtung mbH aus der Kleinstadt Herbolzheim in Baden-Württemberg den bedeutenden Stoff, mit dem der Künstler Christo und seine Frau Jeanne-Claude ihr Projekt in die Tat umsetzten. Neunzig professionelle Kletterer fixierten den silbernen Stoff mit 15,6 Kilometer Seil. 110 000 Quadratmeter des hauchdünnen Stoffs wurden verwendet, wie Rowo-Geschäftsführer Wolfgang Siefert berichtet. Im Konferenzraum des Unternehmens hängt ein Bild des beeindruckenden Projekts. Seine Räume sind mit den Stoffen aus der Reichstagsverhüllung geschmückt.
Rowo Coating wurde 1991 unter der Führung von Roland Müller und Wolfgang Siefert gegründet. Nach Sieferts Angaben erzielte man 2020 einen Umsatz im mittleren einstelligen Millionenbereich; man beschäftige 25 Mitarbeiter. Das Unternehmen hat sich auf Vakuumbeschichtungsverfahren spezialisiert.
An einem Sonntagabend im Jahr 1994 erfuhr der Unternehmer in der ZDF-Sendung „Bonn direkt“ vom Vorhaben Christos in Berlin. Tags darauf telefonierte er mit dem Fotografen Wolfgang Volz, der als Kontaktperson fungierte. „Wir haben uns sofort gut verstanden“, erzählt Siefert. „Ich habe ihm erklärt, dass wir so eine Beschichtung machen und dass wir dafür perfekt geeignet wären.“ Die Firma Köhler aus Berlin hatte ebenfalls ein beschichtetes Modell vorgelegt. Jedoch habe man sich sehr gut mit Christo verstanden, sagt Siefert. Er und Jeanne-Claude besuchten daraufhin Rowo Coating. Das Vertrauensverhältnis habe sich dann bei einem Treffen auf einer Ausstellung in München nochmals vertieft.
In Etappen, etwa alle zwei Monate, seien neue Geweberollen in Herbolzheim angekommen, wo sie beschichtet wurden. Zwei Mitarbeiter seien jeweils zwei Tage damit beschäftigt gewesen, die meist etwa 20 Rollen, jede 500 Meter lang und anderthalb Meter breit, im sogenannten Rollcoater im Vakuum zu bearbeiten. Bei der Beschichtung handele es sich um ein aluminiumbedampftes Polypropylengewebe, erklärt Siefert. Dieses Gewebe sorgt auch dafür, dass der Stoff so silbrig erscheint; das hilft zudem dabei, dass sich das Gebäude darunter nicht allzu sehr aufwärmt. So kamen 146 Rollen für das Kunstwerk zusammen. Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) sei freilich gegen das Projekt gewesen, aber in einer Abstimmung im Bundestag überstimmt worden, erzählt Siefert.
Beim Pariser Arc de Triomphe sei es dann klar gewesen, dass man wieder die Beschichtung des Stoffes übernehme. Weil es sich wieder um aluminiumbedampftes Polypropylengewebe handelte, wirkte der Stoff abermals silbrig.
Die beschichteten Substrate von Rowo Coating werden vornehmlich in technischen Einsatzbereichen verwendet. Man beschichtet zum Beispiel Fließmaterial, das als „Unterspannbahn“ zur Wärmedämmung dient. Man beschichtet Kupfer, das oft für Flachdächer genutzt wird. Rowo Coating arbeitet für viele Branchen, auch für die Lebensmittelindustrie. Für Toffifee beschichtet man die Plastikeinkerbungen, in denen die Pralinen liegen. Viel Aufmerksamkeit widmet man der Solarindustrie. „Wir haben seit einigen Jahren eine Beschichtung entwickelt, die transparent und leitfähig ist“, berichtet Siefert.
Das Unternehmen hat außerdem ein Material zur Beschichtung einer Maske entwickelt, was den Schutz vor Viren und Bakterien erhöht. Rowo Coating ist Partner in verschiedenen geförderten Projekten, in denen es um innovative Produkte und Technologien geht. Zum Beispiel wurden plasmastrukturierte Folien und technische Textilien mit gezielt einstellbaren Benetzungseigenschaften entwickelt.
Zur Veröffentlichung in der F.A.Z.
Sofia Charelas
Max-Planck-Gymnasium, Lahr