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Sie sind so leicht zu durchschauen

In Schauaquarien sind Quallen ein echter Blickfang. Viele kaufen die faszinierenden Tiere bei Alexander Dressel – er betreibt in Fulda die größte Quallenzucht Europas.

F.A.Z.

10.07.2023

Stella Marie Rostalski

Burgstadtgymnasium, Querfurt

Sie sind viel älter als der Mensch  und existieren seit mehr als  600 Millionen Jahren: Quallen. Schon lange vor der Entstehung der Fische schwebten sie durch die Meere. Ihr Körper ist dabei phantastisch simpel aufgebaut. Er besteht zu mehr als  90 Prozent aus Wasser und einem großen Magen, ein  Gehirn haben sie nicht. Auf der ganzen Welt sind von den Nesseltieren  rund 2500  Arten bekannt. Mit ihrem fast außerirdischen Aussehen und ihrer graziösen Fortbewegungsart sind sie ein faszinierender Blickfang im Aquarium. Demzufolge gewinnen sie im Bereich der Aquaristik  an Popularität.

Die Jellyfish-Farm aus  Künzell, einer Stadtgemeinde von Fulda, betreibt  nach eigenen Angaben Europas größte Quallenzucht.  Es sei  die erste kommerzielle Quallenzucht im deutschsprachigen Raum. Gegründet hat das Unternehmen  2019  Alexander Dressel, der  viele Jahre in namhaften Aquarien wie dem Ozeanum Stralsund und dem Sea Star Aquarium in Coburg für die Quallenhaltung und Quallenausstellung verantwortlich war. „Ich selbst habe schon immer Aquarien gehabt und mich für Quallen interessiert“, sagt Dressel, der  alleiniger Geschäftsführer der Jellyfish-Farm ist.

Im Onlineshop findet man  ein breites Angebot an  Aquarien, Zuchtbecken und  Tieren. Alle  Quallen stammen aus Dressels  Zucht. „Die Tiere werden hier gezüchtet und gehen dann in die Welt hinaus.“ Die Zucht  ist nicht  einfach, denn die Tiere  benötigen konstante Umgebungstemperaturen und  einen konstanten Salzgehalt. Das Wasser  muss stetig gute  und für die speziellen Quallen angemessene Werte  haben. Zudem brauchen  Quallen einen Wasserstrom, den es zu erzeugen gilt.

Die Quallenzucht  benötigt viel Ruhe und Geduld im Umgang mit den kleinen fragilen Wesen. Im Laufe ihres Lebens durchlaufen die Tiere mehrere Entwicklungsstadien. Die weiblichen Medusen geben ihre Eier ins Wasser ab und die männlichen ihre Samenzellen. Doch anders als bei den meisten Meeresbewohnern bilden sich aus den befruchteten Eiern Larven, die  sich am Boden festsetzen und dort als Polypen, teils über mehrere Jahre, heranwachsen, bis die Ephyren sich ablösen und zu Medusen werden.

Zum breiten  Sortiment der  Jellyfish-Farm  zählen Ohrenquallen, Japanische Kompassquallen und Mangrovenquallen. Die Preise bewegen sich zwischen 25 Euro für Ohrenquallen und  75 Euro für manche  Kompassquallen. Die Schauaquarien kosten  zwischen 189  und 13.900 Euro. Einige hat  Dressel selbst designt. Auf der Social-Media-Plattform Tiktok zeigt er  seine Quallenzucht. Dort hat er  47.200 Follower.    

 Im ersten Geschäftsjahr erzielte Dressel nach eigenen Angaben einen Umsatz von rund 150.000 Euro;  im vergangenen Jahr waren es mehr als  200.000 Euro. Der größte Teil stammt aus dem Verkauf an  Zoos, Schauaquarien und Händler. Die Tiere werden  laut Geschäftsführer  auch an Universitäten für Forschungsprojekte verkauft. In den  Aufbau der Anlagen,  etwa in den Kauf der Becken,  steckte Dressel  zu Beginn rund  75.000 Euro. Er baute sein Unternehmen Schritt für Schritt aus. Derzeit plant er abermals Beckenerweiterungen, um die  Quallenzucht weiter zu expandieren. Dadurch werde der Gesamtwert seiner Anlagen auf etwa 150.000 Euro steigen, schätzt Dressel.

„Die Quallenzucht ist eine wachsende Branche“, sagt der Unternehmer. Die Ausstellung der majestätischen Tiere hat in den vergangenen  Jahren an  Beliebtheit gewonnen.   Durch Züchter wie  Dressel sind  Quallen  für die Aquarien das ganze Jahr über verfügbar. Über Konkurrenz macht sich Dressel  keine Sorgen. „Viele, die früher vielleicht mal zu meiner Konkurrenz gehörten, sind zu Kunden geworden“, sagt er.  Eine wirkliche  Quallenzuchtbranche existiert in  Deutschland nicht, es gibt  ein paar Hobbyzüchter.

85 bis 90 Prozent von Dressels  Quallen gehen  ins Ausland, auch nach Singapur und Hongkong, allerdings nicht nach Australien, wo die Einfuhr exotischer Tierarten wie Quallen gesetzlich verboten ist. 30 bis 40 Prozent verlassen die EU.   Unter den Kunden sind  auch Unternehmen und vereinzelt Privatleute. Besonders beliebt sind Dressels Ohren- und Kompassquallen, die  eine Lebenserwartung von  einigen Monaten bis zu einem Jahr haben. Er verfüge über einen Lagerbestand von mehr als 5000 Tieren, sagt Dressel, darunter seien  2000 bis 3000  Larven. Eine genaue Ziffer kennt er freilich nicht, denn es  ist unmöglich,  alle Tiere zu zählen.

Vor ihrem Versand werden die Quallen eine Nacht lang nicht gefüttert; dann werden sie in für den Tierversand geeignete Plastikbeutel verpackt. Die Dauer des Transports bestimmt, ob   noch Sauerstoff hinzugegeben wird. Es kommt auf ihre natürlichen Lebensräume an,  ob Heat- oder Coolpacks in die Verpackung integriert werden. Die Beutel werden dann  in einer Polystyrolbox platziert, die  dem Erhalt der Temperatur dient. Bei einem ferneren Exportland bringt Dressel die Pakete selbst  zur Animal Lounge am Flughafen. Sie  werden mit Direktverbindung zugestellt.

 

Zur Veröfffentlichung in der F.A.Z

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