Spannende Inhalte finden

Sie glauben an ein Leben nach dem Brot

Heldenbrot rettet Brot und macht daraus sogar Nudeln.

F.A.Z.

6.04.2023

Katrin Nessel

Landgraf-Ludwigs-Gymnasium, Gießen

Nussiger Geschmack, saftige Krume, knackige Kruste – Brot kann so gut schmecken.  Dennoch landet das traditionsreiche Grundnahrungsmittel  oft in der Tonne. Janine Trappe erkannte das Problem der Brotverschwendung und begann im Mai 2021 mit Felix Pfeffer das Projekt Heldenbrot. Das Konstanzer Start-up kauft von Bäckereien aus ganz Baden-Württemberg übrig gebliebenes Brot  und stellt daraus ein Brotgranulat her. Dieses wird  mit weiteren Zutaten zu Brotlingen, Keksen, Flips, Nudeln, Knuspertalern und  Semmelknödeln verarbeitet. In  Märkten in  ganz Deutschland  und in Österreich sind die Produkte verfügbar. Und es  gibt einen Onlineshop. 

Die Idee entstand, als Trappe und  Pfeffer an einem Stammtisch mit dem Neffen eines Bäckers saßen, der ihnen  erzählte, wie viel Brot  in einer Bäckerei weggeworfen wird. „In dem Moment waren wir fassungslos, weil wir einfach von zu Hause kennen, dass man Brot und Brötchen nicht wegwirft, sondern daraus  Semmelbrösel, Knödel oder Croûtons  macht.“ Im Grunde führen sie Omas Tradition weiter. In einem Brainstorming kam ihnen die   Idee, sogar Nudeln aus Brot herzustellen. Rund 170.000 Kilogramm   Brot wurden bisher gerettet. Das entspreche mehr als  3.340.000 Brötchen. 

  500 Gramm Nudeln kosten  2,40 Euro, 125 Gramm Kekse 3 Euro.  In der Herbst- und Winterzeit sind vor allem die Knödel gefragt. Ansonsten sind  Brotlinge und Nudeln besonders beliebt. Ein vollständiger Verzicht auf Plastik in den Verpackungen ist Heldenbrot noch nicht gelungen. Manche Produkte brauchen einen besonderen Schutz gegen äußere Einflüsse. Zur Kompensation arbeitet man  mit Plastic Bank zusammen, ein Unternehmen, das in Entwicklungsländern Recycling-Ökosysteme aufbaut, um die Plastikverschmutzung der Meere und die hohe Armut zu bekämpfen. Sie richten zum Beispiel auf den Philippinen und  in Brasilien Kunststoffsammelstellen ein, an denen Menschen Kunststoff abgegeben können und im Gegenzug   mit Schulgeld, Krankenversicherung oder   Arzneimitteln vergütet werden. Den Kunststoff bringt Plastic Bank wieder in die Lieferkette ein. Zudem beliefert Heldenbrot Unverpacktläden.

Hinter Heldenbrot steht die Kon­stanzer Kultimativ GmbH, die, ge­gründet im Jahr 2016, zu den Pionieren der Brotrettung zählt. Sie ist   auch für das Projekt Knödelkult bekannt. Knödelkult verarbeitet unverkauftes Brot zu Semmelknödeln.  Mit vier Mitarbeitern und mehr als 250.000 verkauften Produkten verzeichnete das Unternehmen  2021 einen Umsatz im höheren sechsstelligen Bereich. Im vergangenen Jahr ist er laut Trappe etwas gestiegen.

Deutschland ist die Brotnation schlechthin. Nirgendwo sonst findet man eine so große Sortenvielfalt. Mehr als 3000 Sorten sind im Deutschen Brotregister des Deutschen Brotinstituts verzeichnet. Brot  ist nicht nur Grundnahrungsmittel, sondern es hat auch einen hohen kulturellen, historischen und religiösen Wert: Das alltägliche Abendbrot ist fester Bestandteil in vielen deutschen Haushalten.  Brot wurde schon vor 14.000 Jahren gebacken. Und Jesus brach beim letzten Abendmahl das Brot und sprach: „Das ist mein Leib für euch.“ Die UNESCO hat die deutsche Brotkultur  2014 zum Weltkulturerbe er­klärt.

Es  gibt vermehrt  Ansätze der Brotweiterverarbeitung.  Das  Frankfurter Start-up Knärzje etwa verwendet Brot in der Bierherstellung. Außerdem werden  übrig gebliebene Backwaren an Bauern weitergegeben und  an gemeinnützige Organisationen wie die Tafeln.

 

Zur Veröfffentlichung in der F.A.Z

Weiterlesen

Cookie Einstellungen