Manche mögen schon einmal überlegt haben, wie es wohl wäre, im Gefängnis zu sitzen. Was erwartet einen dort, wie sollte man sich verhalten? Für Menschen, die tatsächlich in Kürze dorthin müssen, könnte Peter William Meyer ein guter Ansprechpartner sein. Meyer ist nach eigenen Angaben der erste und einzige „Prison Coach“ in Deutschland.
Meyer ist 58 Jahre alt und ausgebildeter Businesscoach; er betreibt sein Düsseldorfer Unternehmen unter dem Namen „Schwarzer Peter“. Zu seinen Dienstleistungen gehören die Betreuung und Unterstützung zukünftiger Sträflinge, aber auch von deren Angehörigen sowie von Straftätern, die schon inhaftiert sind. Hierfür fährt Meyer auch schon mal durch ganz Deutschland. Allerdings besucht er seine Kunden eher selten im Gefängnis, sondern vielmehr, bevor sie ihre Strafe absitzen. Manchmal wird der „Knastcoach“ auch kontaktiert, wenn die Häftlinge kurz vor ihrer Entlassung stehen, um sie auf das Leben in Freiheit vorzubereiten.
Die Idee für diesen außergewöhnlichen Beruf hatte Meyer nach seiner eigenen Entlassung aus den Gefängnis. Dort saß er wegen Bankraubs für viereinhalb Jahre. In dieser Zeit habe er seine Mitinsassen emotional unterstützt, erzählt er. Nach der Entlassung brachte ihn eine Freundin auf die Idee, Leute, die ins Gefängnis müssen, zu coachen. Nach einer etwa dreijährigen Coaching-Ausbildung bei V.I.E.L. Coaching + Training mit Sitz in Hamburg begann er seine Tätigkeit.
Seitdem bereitet er seine Klienten darauf vor, wie sie in der Zeit im Gefängnis an sich arbeiten und das Beste aus ihrer Haftstrafe machen können. Dabei hülfen seine eigenen Erfahrungen im Gefängnis, sagt er. Er berichtet seinen Kunden zum Beispiel von der „Hierarchie des Knast-Alltags“: Sexualstraftäter würden am meisten verachtet. Seine Zeit im Gefängnis sei nun ein Teil von ihm, sagt Meyer. Er könne sie nicht mehr rückgängig machen und habe gelernt, damit umzugehen und sie zu akzeptieren. Besonders sein Glaube an Gott habe ihn auf diesem Weg unterstützt.
Den Preis für seine Dienstleistung macht Meyer von der Art des Kunden abhängig. Von der Führungskraft eines Unternehmens verlangt er für eine Sitzung rund 300 Euro, zuzüglich Mehrwertsteuer, Spesen und Anfahrt. Personen mit geringerem Einkommen bietet Meyer seine Unterstützung für 100 bis 150 Euro an. Für Personen, die schon in Haft sind, arbeitet Meyer manchmal auch ehrenamtlich, oder er wird dafür vom Ministerium bezahlt.
Von seinen Einnahmen könne er gut leben, sagt Meyer. „Es kommt mal so und mal so, aber ich komme immer auf einen Schnitt von monatlich 3000 Euro.“ Die Zahl der Klienten ist von Monat zu Monat sehr unterschiedlich. In manchen Monaten ist er gar nicht als Prison Coach gefragt. Er bietet aber auch andere Arten von Coaching an, zum Beispiel Sucht-Coaching.
Mehr als zwei Klienten am Tag behandelt Meyer nicht. „Mehr als zwei geht gar nicht, das ist ja eine unheimliche Konzentrationsgeschichte. Es ist sehr intensiv, da wird geweint und gelacht.“ Meyer möchte seinen Klienten nicht einfach nur zuhören, er will ihrem Schmerz und ihren Problemen auf den Grund gehen. Und er möchte ihnen Zuversicht vermitteln, ihnen klarmachen, dass es immer einen Funken Hoffnung gebe, den man nie verlieren dürfe. Es gebe immer eine Möglichkeit, das Beste aus einer Situation herauszuholen, egal wie schwer oder hoffnungslos sie manchmal erscheine.
Wie viele Sitzungen ein Klient benötigt, ist unterschiedlich. Es könne sein, dass jemand nur eine Sitzung brauche. Manche kämen mehrmals in der Woche, bei anderen lägen größere Zeitabstände zwischen den Sitzungen. Ihm liege viel daran, dass seine Klienten nach seinen Coachings mit positiver Energie geladen und inspiriert seien und klarer sähen.
Wichtig seien wohlwollendes Zuhören und eine gute Kommunikation. Meyer benutzt Methoden aus dem Neuro-Linguistischen Programmieren (NLP), zum Beispiel Wahrnehmungspositionswechsel, die helfen sollen, die Ziele zu verstärken. Indem er von seinen eigenen Erfahrungen berichtet, will er seinen Klienten die Angst vor der Haft nehmen.
Er stehe nicht in Konkurrenz zu Rechtsanwälten, ist Meyer wichtig zu betonen. Die seien mit dem Geschehen vor Gericht befasst, er helfe bei dem, was vor und nach dem Prozess sei. Insgesamt wünscht sich Meyer, dass seiner Tätigkeit weniger Misstrauen entgegengebracht wird. Immer wieder erlebt er Kritik.