Während sich andere Jungs mit 16 Jahren dem Sport oder der Musik widmen oder nur Augen für die Mädels haben, verfolgt Paul Belthle eine andere Leidenschaft: das Ölpressen. Aus einem bloßen Zeitvertreib ist ein kleiner Wirtschaftsbetrieb geworden, in dem seine Onkel, Eltern und Großeltern mit anpacken. Mit seinen 16 Jahren ist Paul Belthle wohl der jüngste Ölmüller Deutschlands – und damit auch erfolgreich, weshalb er schon mehrmals im Fernsehen aufgetreten ist.
Ungewöhnlich ist auch: Schon im Alter von zwölf Jahren gründete Paul das Unternehmen bei Beuron im Herzen des Naturparks Obere Donau mit der Unterstützung seiner Eltern. Dass er in seinem Alter schon einen Betrieb leiten und seine Familie finanziell unterstützen würde, hatte er selbst nicht gedacht. Damals hatte sich Paul eine Playstation zu Weihnachten gewünscht, die er aber nicht bekam. Stattdessen schenkten ihm seine Eltern eine Ölpresse, auch weil er schon als Kind mit großer Leidenschaft Äpfel gepresst und Sauerkraut gestampft habe. Dann probierte Paul verschiedene Kombinationen aus und fand seine Leidenschaft für das Ölpressen.
Nun arbeiten auch seine Eltern für „Die Ölfreunde“, so lautet der Name seines Betriebs; denn sie verloren infolge der Corona-Pandemie ihre Arbeitsstellen. Davor betrieben Jürgen und Yvonne Belthle eine Jugendherberge und einen Kanuverleih. In der Pandemie blieb die Kundschaft aus, ganz anders als in der Ölmanufaktur.
„Unser Öl produzieren wir aus den Grundsaaten Raps, Schwarzkümmel und Hanf“, erklärt Paul. „Die Ölsaaten werden mithilfe einer Schaufel in die Presse geschüttet. Dann wird das Saatgut zermalmt, und das Öl wird daraus gepresst.“ Durch Zugabe von Kräutern und Gewürzen verleiht Paul seinem Öl eine besondere geschmackliche Komponente.
Als Nebenprodukt entstehe bei der Gewinnung von Speiseöl ein „Presskuchen“. Dieser werde in den meisten Fällen als Tierfutter verwendet. Das wollte Paul jedoch nur als Zwischenschritt akzeptieren. Da das Öl kalt gepresst wird, ist der Presskuchen nicht erhitzt. Er verfüge ebenso wie das Speiseöl über gute Inhaltsstoffe, die zum Beispiel Rohproteine enthielten. „Aus diesem Grund stellen wir aus diesem Presskuchen Mehle und Proteine her.“ Außerdem blieben die ganzen wertvollen Inhaltsstoffe wie Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren fast vollständig erhalten.
Am Anfang vermarktete man die Produkte durch Mundpropaganda, vorwiegend über seine Eltern, erzählt Paul. In der Schule war das Öl schnell sehr beliebt ,,Alle kauften begeistert bei mir ein.“ Mittlerweile vermarktet Paul sein Öl in 500 Läden in ganz Deutschland vom Donautal bis Helgoland, in Edeka- und Rewe-Geschäften sowie über das Internet und in seinem Hofladen. Der Hofladen liegt am Donauradweg bei Beuron und ist einer seiner Lieblingsplätze. „Er steht für alles, was ich vertrete: reichhaltige, regionale Produkte“, sagt Paul.
Außerdem helfe jeder in diesem Familienbetrieb tatkräftig mit. Im Hofladen gebe es Liköre und Edelbrände von seinem Vater, feinen Senf von seiner Oma und seinem Opa und gequetschte Flöckchen von seinem Bruder. Auf der Homepage zeigt Paul Anwendungsmöglichkeiten der verschiedenen Öle. Man kann dort Rezepte für „Scharfe Pizza“ und für Hanfmehl-Spätzle und Lebkuchen entdecken.
In einer Flasche sind meistens 500 Milliliter Öl enthalten, in der Hanföl-Flasche 350 Milliliter. Die Sorten Kräuter, Chili und Knoblauch kosten 8 Euro. Eine Flasche Schwarzkümmelöl (200 Milliliter) kostet 15 Euro. Der Umsatz des Ladens beträgt in einer guten Woche rund 2000 Euro. Der Onlinehandel trägt ein Achtel zum Gesamtumsatz bei. Der Hauptumsatz wird in den Supermärkten erzielt. Der Umsatz lag im vergangenen Jahr zwischen 600 000 und 700 000 Euro. Die Ölmühle läuft rund um die Uhr. „Wir produzieren 400 Liter Öl am Tag“, sagt Paul. Jeden Tag werden etwa 1000 Flaschen abgefüllt.
Alle Rohstoffe kämen aus kontrolliertem Anbau von 30 Landwirten aus der Umgebung von Beuron. Manche Zulieferer bauten bestimmte Ölsaaten nur für seinen Betrieb an. Sein Öl sei nicht nur bio, sondern auch „made im Ländle“. Nicht heimische Öle aus Saaten anderer und ferner Länder wie Kokos- und Olivenöl führt er bewusst nicht in seinem Sortiment.
Ölknappheit gibt es in Pauls Betrieb nicht. „Knapp 100 000 Flaschen Öl produzieren wir als Betrieb mittlerweile im Jahr“, sagt Paul. Die erste Ölpresse kam an ihre Kapazitätsgrenzen; inzwischen ist eine zweite im Einsatz. Paul und seine Familie stellen auch ausgefallenere Sorten her. Dazu gehören Hanföl, Kräuteröle und scharfes Chiliöl.
Paul ist das Markenzeichen des Betriebs. Mit seinem Bogart-Hut ziert der 16-Jährige das Logo der Marke. Doch er muss auch für die Schule pauken. Denn die Ansage der Eltern lautet: „Die Schule darf nicht unter der Ölmühle leiden.“ In der Corona-Zeit habe der Onlineunterricht perfekt hineingepasst. In der Früh lernte Paul für die Schule, und am Nachmittag war er im Hofladen. Nach der Schule will er eine Lehre zum Schreiner absolvieren. Außerdem plane er, eine weitere Ölmühle zu erwerben und zu betreiben.