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Paradiesische Öffnungszeiten

An der Ostsee steht eine Box ohne Personal, in der man jederzeit einkaufen kann

F.A.Z.

6.04.2023

Annika Dietrich

Gymnasium Glinde, Glinde

Eine Möglichkeit, den Fachkräftemangel  zu entschärfen, ist die Automation. Der ist auch  im Einzelhandel, vor allem auf dem Land, groß. Läden ohne  Personal könnten zur Lösung des Problems beitragen. „Autonome Stores werden in den nächsten Jahren deutlich an Anzahl zunehmen“, sagt Stephan Rüschen, Professor für Lebensmittelhandel und wissenschaftlicher Leiter der „Smart Stores“ auf dem Bildungscampus der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Heilbronn. In ländlichen Gebieten könnten so Versorgungslücken  geschlossen werden. „Allerdings wird es eine Nische bleiben, die dem traditionellen stationären Handel keine relevante Konkurrenz machen wird.“

Als Vorläufer dieses Konzepts  in Europa gilt Amazon. Nach der  Dualen Hochschule  gibt es in Deutschland gut  vierzig Anbieter,  die einen autonomen Markt betreiben. Dazu gehören  Edeka, Tegut, Lidl und Rewe. Bei Edeka Nord heißt der  autonome Supermarkt  „Smart Box“. Sie  sei ein Pilotprojekt und in  Deutschland die erste Box, sagt der  Marktleiter von Edeka Alpen in Hohwacht an der Ostsee, Olaf Hutzfeld.  Vorbild sei das  erfolgreiche Konzept eines Händlers in Österreich, wo es schon   bis zu dreißig   Boxen gebe.  Die Box habe die  Syreta GmbH errichtet, sie koste rund 150.000 Euro.

 „Wir suchen seit Jahren Personal, aber so einen Job will keiner machen“, sagt Hutzfeld. Die  Box funktioniere  nicht komplett ohne Personal, doch es werden  nur zwei Leute benötigt. Sie transportieren die   Waren  vom Edeka-Markt im Ort zur Box und  befüllen die Regale.  In der Smart Box finden Kunden  500 Artikel auf 38 Qua­dratmetern, in einem  Supermarkt durchschnittlich bis zu 12.000 Produkte.  Die Box werde  für kleinere  und  größere Einkäufe genutzt. Vor allem kauften  Stammkunden und Touristen dort aber Kleinigkeiten.

Sie ist 365 Tage im Jahr jeweils 24 Stunden geöffnet. Im Sommer habe man ungefähr 300 Kunden am Tag  und im Winter ungefähr zehn. Da gebe es   noch deutliches Verbesserungspotential. Für den Zugang benötigt man eine   EC- oder Kreditkarte.   Damit die Kunden das Bezahlen nicht versehentlich vergäßen, gebe es Überwachungskameras. Insgesamt  werde wenig gestohlen, nicht mehr als in einem normalen Supermarkt.

Edeka plant, auch in den umliegenden Gemeinden von Hohwacht  Smart Boxes zu platzieren.  Insgesamt gebe es positive Erfahrungsberichte, sagt  Stefan Giese, Geschäftsführer von Edeka Nord.

Nach einer selbst durchgeführten Umfrage unter 100 Personen aller Altersgruppen kann sich die Hälfte vorstellen, in einem autonomen Mart einzukaufen. Zurückhaltend zeigen sich  Ältere, sie haben  Vorbehalte gegenüber  Automatismen und bargeldlosem Bezahlen.  Zudem fehle der Austausch mit Bekannten und Nachbarn „an der Wursttheke“. Personen unter 30 Jahren befürworten  das  Konzept hingegen  überwiegend. So auch Thorben Dietrich,  Zollinspektoranwärter im Schichtdienst. Er schätzt es,  sich  um 3 Uhr nachts, in seiner „Mittagspause“, etwas zu essen zu kaufen.

 

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