Was als Ein-Mann-Betrieb mit zwei Ziegen anfing, ist heute nach eigenen Angaben die größte handwerkliche Bio-Ziegenkäserei in Deutschland. „Als wir begonnen haben, war Ziegenkäse ein Nischenprodukt, heute suchen unsere Kunden gezielt danach“, sagt Martin Buhl, Gründer und Geschäftsführer der Monte Ziego GmbH & Co. KG aus dem badischen Teningen bei Freiburg. Die Geschichte des Unternehmens ist nicht alltäglich. Buhl, gebürtiger Schwabe und gelernter Maler, entwarf in den neunziger Jahren in Berlin Möbel und gestaltete die Inneneinrichtung für Diskotheken. Dann folgte er seiner Frau in ihre Heimat, den Südschwarzwald. Im Jahr 2000 ließ er sich im Schuttertal auf dem Geisberg nieder, dem Namensgeber für die Marke Monte Ziego. Auf 4,7 Hektar Steilfläche hielt er zwei Ziegen. Er brachte sich das Käsen selbst bei und verkaufte seine Produkte auf Wochenmärkten. „Die regionalen Bedingungen waren perfekt“, sagt Buhl. Die gut und gerne kletternden Ziegen eigneten sich hervorragend zur Beweidung der dort typischen Steilflächen, leisteten einen wichtigen Beitrag zu deren Offenhaltung und damit zum Erhalt der Kulturlandschaft Schwarzwald.
Aus zwei Ziegen wurden vierzig, doch auch das reichte bald nicht mehr. Er musste Ziegenmilch zukaufen. „Ich wollte nicht mehr nur direkt vermarkten, sondern mit dem Lebensmittelhandel zusammenarbeiten.“ 2010 baute Buhl im Industriegebiet von Teningen bei Freiburg für 1,8 Millionen Euro eine moderne Käserei auf 850 Quadratmetern. Nach und nach konnte er in einer „Ziegen-Offensive“ weitere Bauern aus der Region überzeugen, auf die lukrativere Ziegenmilchproduktion umzustellen. Buhl zahlt mit durchschnittlich 94 Cent brutto je Liter mehr als doppelt so viel, wie für konventionelle Kuhmilch erzielt wird. „Sieben Ziegen ersetzen rechnerisch eine Kuh, ab 180 Ziegen ist der Vollerwerb möglich“, rechnet Buhl vor.
„Wir könnten die Produktion noch deutlich steigern, schaffen es aber nicht, so schnell und so viele neue Landwirte zu gewinnen“, beklagt Buhl. Um neue Lieferanten zu finden, wurde ein Erzeugerberater eingestellt. Er berät Landwirte zur Umstellung auf Milchziegenwirtschaft. Monte Ziego konnte neue Landwirte gewinnen, dennoch bleibt die Beschaffung des wertvollen Rohstoffs eine Herausforderung. Derzeit liefern 16 Ziegenhöfe mit mehr als 1500 Tieren die Bio-Ziegenmilch.
In den Sommermonaten gibt es viel Ziegenmilch, im Winter weniger. Das liegt daran, dass Ziegen nur im Frühjahr gebären. „Je frischer die Ziegenmilch ist, desto weniger besteht die Gefahr, dass sie ,böckelt‘, also unangenehm nach Ziegenbock schmeckt“, erklärt Ralf Keller, kaufmännischer Leiter des Unternehmens. Im Sommer läuft die Produktion an sechs Tagen, im Winter an drei Tagen.
Zur Herstellung des Käses wird pasteurisierte Ziegenmilch in großen Wannen durch das Beifügen von Lab und Milchsäurebakterien zur Gerinnung gebracht. Das dauert, je nach Käseart, zwischen 30 Minuten und mehreren Stunden. Durch diese „Dicklegung“ entsteht die „Dickete“, die mit einer Käseharfe in Stücke, den Käsebruch, zerteilt wird. Je feiner der Bruch zerkleinert wird, desto mehr Molke setzt sich ab und umso härter wird der Käse. Für Frisch- und Weichkäse, wie ihn das Unternehmen ausschließlich herstellt, benötigt man größere Bruchkörner, die bei Monte Ziego manuell von der Molke abgetrennt werden. „Wir schöpfen unseren Ziegenkäse nach wie vor von Hand“, sagt Buhl. So könne der Käser besser auf jahreszeitlich bedingte Veränderungen der Ziegenmilch eingehen. Monte Ziego beschäftigt 30 Mitarbeiter. Viele sind Quereinsteiger aus dem Lebensmittelbereich.
Für seinen Ziegenkäse mit teilweise ungewöhnlichen Geschmacksrichtungen wie Quitte-Vanille, Dattel-Curry oder Schwarzwälder-Kirsch-Käse, mit Sauerkirschen und einem Hauch Schokolade, hat das Unternehmen mehr als 120 Preise gewonnen. Derzeit umfasst die Produktpalette zwanzig Sorten. 2018 stellte Monte Ziego aus einer Million Liter Ziegenmilch etwa 165 Tonnen Käse her. Man sei auf dem Gesamtmarkt klein, im speziellen Marktsegment des Demeter-Ziegenkäses aber führend, heißt es von Monte Ziego. Der Umsatz lag bei 2,2 Millionen Euro, der Marktanteil bei 1,3 Prozent. „Jahre mit 10 bis 30 Prozent Wachstum sind normale Jahre“, sagt Keller. Zu den Kunden gehören Unternehmen aus dem Lebensmittelhandel und der Biobranche, unter anderem Edeka, Rewe, Kaufland, Rinklin Naturkost, Dennree und Alnatura.
Mit einem weiteren Demeter-Unternehmen, dem Schweizer Babynahrungsspezialisten Holle Babyfood GmbH, baut man am Standort Teningen für 26 Millionen Euro eine Milchtrocknungsanlage. Sie soll vor allem Ziegenvollmilchpulver für die Babynahrungs- und Lebensmittelindustrie herstellen, aber auch Kuhmilch und andere biologische Rohstoffe verarbeiten können. Holle-Geschäftsführer Udo Fischer wirbt für Ziegenmilch als Babynahrung: Sie sei der Muttermilch recht ähnlich und somit gut verträglich. Vorteilhaft sei sie vor allem im Fall von Allergien und bei Neurodermitis. „Mit der Pulverproduktion bewegen wir uns auf einem weltweiten Wachstumsmarkt“, ist Buhl überzeugt. Die Milchtrocknungsanlage soll Anfang 2020 in Betrieb gehen.