Die Vorstellung, sich aus einem brennenden Haus retten zu müssen, ist schlimm, vor allem wenn der einzige Fluchtweg abgeschnitten ist. Ein solch schreckliches Ereignis im familiären Umfeld hat Axel Thoms motiviert, eine Lösung für solche Notsituationen zu finden. Das Familienunternehmen Axel Thoms Lebensrettungseinrichtungen GmbH aus Bad Bramstedt stellt seit gut 40 Jahren Personenrettungsschläuche her. Man sei das einzige Unternehmen in Deutschland, das ein solches Gerät fertige.
Der Rettungsschlauch besteht aus einem Außen- und einem Innenschlauch. Der Innenschlauch bildet eine Spiralform, auf der gerutscht wird. Diese Spiralform zusammen mit einem speziellen Material sorgt auch für die Bremswirkung. So gleitet man immer mit einer Geschwindigkeit von etwa 7 Stundenkilometern herunter.
Der Außenschlauch bildet die Hülle, die vor Hitze und Feuer schützt. Je nach Ausführung besteht er aus schwer entflammbarem oder nicht brennbarem Gewebe. Letzteres ist laut Axel Thoms bis 2000 Grad Celsius hitzebeständig. In jedem Schlauch befinden sich fünf Gurte, die den Schlauch tragen, jeder der Gurte kann laut Geschäftsführer Sebastian Thoms einer Belastung von mindestens 2900 Kilogramm standhalten.
16 Mitarbeiter fertigen die Geräte. „Wir können uns keinen Fehler leisten“, sagt Axel Thoms. Deshalb hält er auch nichts von Überstunden. „Wir brauchen jeden Tag absolute Präzision.“ Auf den Rettungsschlauch gibt es 15 Jahre Garantie.
Einsatz findet der Rettungsschlauch in Deutschland vor allem in denkmalgeschützten Gebäuden, aber auch in Gebäuden, in denen sich aufgrund einer innerstädtischen Bebauung keine Außentreppe anbringen lässt. „Im Ausland wird der Rettungsschlauch meist für höhere Anwendungen genutzt“, sagt Sebastian Thoms. Das Auswärtige Amt sei einer der ersten Kunden gewesen.
Außerdem gehören Feuerwehren zu den Kunden. Der Rettungsschlauch wird an Drehleitern eingesetzt. Diese Möglichkeit der Rettung hat laut Steffen Vogeler, hauptamtlicher Gerätewart der Freiwilligen Feuerwehr Ketzin/Havel, den Vorteil, dass man in kürzerer Zeit eine größere Anzahl von Personen retten könne als mit anderen sonst üblichen Methoden.
Das Unternehmen entwickelt auch Sonderkonstruktionen. So habe man an Offshore-Plattformen und Bohrtürmen Rettungsschläuche installiert. Auch für Muldenkipper und Großbagger wurden Lösungen entwickelt. Außerhalb der Personenrettung wird der Schlauch auf dem Rollfeld des Berliner Flughafens BER eingesetzt, wo er bei der Verladung von Gepäckstücken hilft. Ein adaptierter Schlauch, den man mit Lufthansa Leos entwickelt hat, soll zum Beispiel die Müllentsorgung und den Gepäcktransport an einem Airbus A380 vereinfachen. Diese Sonderkonstruktionen machen aber nur einen kleinen Teil des Gesamtgeschäfts aus.
Die höchsten Rettungsschläuche, die das Unternehmen für den Einsatz an der Außenseite von Gebäuden fertigt, sind 120 Meter lang. Es ließen sich noch längere Schläuche herstellen, der limitierende Faktor sei aber der Winddruck, der auf den Schlauch an der Außenseite wirke. Kleinere, einfachere Rettungsschläuche kosten wenige Tausend Euro, die Preise für aufwendige Konstruktionen liegen im mittleren fünfstelligen Bereich.
Das Bewusstsein für Sicherheit ist laut Axel Thoms nach den Anschlägen am 11. September 2001 bei Privatpersonen gestiegen. Zunehmend statteten Kunden ihre Einfamilienhäuser und Wohnungen mit einem Rettungsschlauch aus. Jedes Jahr ist dies eine niedrige zweistellige Zahl. Der Schlauch wird nur mit Wartungsvertrag verkauft. So werden mindestens einmal im Jahr eine Wartung und eine Übung durchgeführt.
Das Unternehmen hat 2021 rund 3 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet. In der Pandemie sank er. Zuvor betrug das Umsatzwachstum laut Sebastian Thoms zwischen 8 und 13 Prozent. Je Jahr werden nach eigenen Angaben 400 bis 600 Personenrettungsschläuche verkauft, etwa 80 Prozent ins Ausland, auch in den außereuropäischen Raum.
Der Schlauch ermöglicht auch eine Rettung von Personen im Rollstuhl. Dann ist er wie eine Falltür im Boden eines Gebäudes integriert. Insgesamt habe der Schlauch schon mehrere Menschenleben im Zusammenhang mit Bränden und Erdbeben gerettet, sagt Axel Thoms.