Eine vegane Metzgerei, geht das überhaupt? In Berlin befindet sich die Vetzgerei GmbH. Seit 2017 verkaufen die Inhaber und Gründer Sarah und Paul Pollinger Würstchen, Aufschnitte und Wurst – vegan. Die Idee kam Sarah Pollinger 2015, als sie im Bioladen nur auf hochverarbeitete Fleischersatzprodukte stieß und sich dachte: „Das muss doch besser gehen!“ Zwei Jahre später eröffneten sie und ihr Mann dann die nach eigener Aussage erste vegane Metzgerei Deutschlands. Was ihr Geschäft von ähnlichen Geschäftsideen abhebe, seien das ausschließlich vegane Sortiment und der Fokus auf das Metzgerhandwerk. „Wir arbeiten handwerklich ähnlich wie eine Metzgerei, das betrifft die Maschinen, die wir benutzen, aber auch, wie die Würste und Aufschnitte aufgebaut sind“, berichtet Sarah Pollinger. Dafür haben sie sich Unterstützung von einem traditionellen Metzgermeister geholt – der selbst nicht vegan isst.
Bei der Herstellung der hausgemachten Produkte wird darauf geachtet, dass alle Zutaten möglichst unverarbeitet, bio, regional und saisonal sind und kurze Transportwege hinter sich haben. Um Verpackungsmüll zu sparen, haben sie ein System mit Pfandgläsern eingeführt.
Die veganen Alternativen bestehen größtenteils aus Gemüse, Seitan und Tofu. Die Vetzgerei bietet ein großes Sortiment an, von Gulasch und Frikadellen bis hin zu Lebervurst und Bacon. Vier „Vürstchen“ kosten 12 Euro und werden in Varianten wie Erbse-Pilz oder Räuchertofu angeboten. Besonders beliebt sind laut Pollinger „Sachen, die klassisch gewürzt sind und die man kennt“. Neben den Fleischersatzprodukten bietet man weitere vegane Alternativen wie Mayonnaise an.
Im Onlineshop verkaufen die Pollingers auch ihr eigenes Kochbuch „Vleisch“ für knapp 40 Euro. Es ist ein Lehrbuch über das vegane Metzgereihandwerk; bisher haben sie rund 600 Exemplare verkauft. Auf Sarahs Onlineblog findet man zudem viele vegane Rezepte, die einfach zu Hause ausprobiert werden können. Der Anteil der Einnahmen des Onlineshops beträgt etwa ein Viertel des jährlichen Umsatzes, der sich laut Paul Pollinger im sechsstelligen Bereich bewegt. Die Corona-Pandemie habe eine entscheidende Rolle gespielt. „Auch wenn wir offen haben durften, hat sich einfach das Einkaufsverhalten der Menschen geändert.“ Viele hätten den Weg in den Laden vermieden und sich auf den Supermarkt begrenzt. In der Zeit ist dann der Onlineshop als zweites Standbein entstanden.
Derzeit beschäftigt die Vetzgerei drei feste Mitarbeiter in ihrer Filiale in Berlin-Prenzlauer Berg. Dort gibt es eine Frischetheke und einen Imbiss, wo man zum Beispiel ein Seitansteak und einen Gyrosteller essen kann. Nächstes Jahr wolle man Produkte für den Einzelhandel herstellen.
Die Vetzgerei wende sich besonders an die Menschen, die sich nicht komplett vegan ernährten. „Bei uns geht es darum, eine vegane Lebensweise näherzubringen.“ Besonders für junge Familien, die die vegane Lebensform an ihre Kinder weitergeben wollten, sei die Vetzgerei sehr attraktiv. Auch ältere Generationen betreten das Geschäft. „Man merkt, dass sie interessiert sind, aber sie halten sich am Anfang noch etwas zurück“, erzählt eine Mitarbeiterin.