Neue Materialien für Autos und Flugzeuge werden zum größten Teil aus Karbon gefertigt. Aber woher weiß man, welche Eigenschaften ein Stoff hat oder ob er geeignet ist? Die Materialwissenschaft greift dafür unter anderem auf bildgebende Verfahren zurück, auf Röntgen- und Neutronenstrahlen. Die weitaus effektivere Möglichkeit ist nach Angaben des Experimentalphysikers Dirk Dubbers von der Universität Heidelberg die Neutronentechnik. Mit Hilfe von Neutronen lassen sich leichtere Elemente und Wasserstoffatome erkennbar machen. Da man zum Erzeugen von Neutronenstrahlen einen Reaktor benötigt, ist diese Technik sehr aufwendig und teuer. Ein solcher Reaktor ist die Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II) der Technischen Universität München. Sie ist ein Kunde der CDT Cascade Detector Technologies GmbH aus Heidelberg.
Um nach den Messungen auch Ergebnisse zu erhalten, werden Neutronendetektoren eingesetzt. „Wir stellen nicht nur die Detektoren her, sondern liefern auch noch die Software dazu, also ganze Messsysteme“, erklärt Martin Klein, der mit Christian Schmidt die Geschäftsführung von Cascade bildet. Das Unternehmen entstand 2006 als Ausgründung der Universität Heidelberg.
Neutronendetektoren werden nach Angaben der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt auch zur Detektion von Sprengstoffen und Drogen in Containern und Frachtbehältern an Flughäfen eingesetzt. Dabei wird mit einem Neutronenstrahl das Objekt durchleuchtet und anhand der Atome die Zusammensetzung des Inhalt berechnet.
Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 stellten die Vereinigten Staaten an Grenzübergängen und Häfen Neutronendetektoren auf. Sie arbeiteten mit Hilfe von Helium-3, das ein Nebenprodukt beim Zerfall von Tritium ist. Tritium wurde im Rahmen des amerikanischen Atomwaffenprogramms hergestellt. Da die Produktion von Atomwaffen reduziert wurde, kam es zu einem Rückgang des Helium-3-Bestands. Die Folge war ein hoher Preisanstieg, der 2009 in der Helium-3-Krise mündete. Und so fielen laut Klein viele Konkurrenten des Unternehmens von einem Tag auf den anderen weg. Da Cascade schon zuvor Bor-10 anstatt Helium-3 als Detektor verwendet hatte, erlebte es einen Aufschwung. Der Jahresumsatz liegt seit 2013 zwischen 1 und 1,5 Million Euro. Hauptsächlich wird nach Deutschland, China und Japan geliefert. Man beschäftigt zehn Angestellte und zwei Geschäftsführer.
In der Verwendung von Bor-10 ist Cascade nach Angaben von Klein Pionier. Direkte Konkurrenz gebe es fast nicht. Cascade produziert im Reinraum in Handarbeit. „Unsere Qualitäts- und Reinheitsansprüche sind mit denen beim Satellitenbau vergleichbar.“ Ein Detektorsystem muss zehn Jahre wartungsfrei funktionieren. „Ein Detektorausfall wäre für die beteiligten Wissenschaftler sehr schmerzhaft“, sagt Klein. Die Forschungszeit sei so knapp, dass Wissenschaftler, wenn sie ein Zeitfenster bekommen hätten, auch nachts forschten.
Die Preise der Detektorsysteme liegen zwischen 10000 und mehreren Millionen Euro. Ein teures Detektorsystem herzustellen dauert mehrere Jahre. „Unsere Kunden sind hauptsächlich Behörden, die nur über ein begrenztes Budget verfügen. Deshalb schwankt auch unsere Auftragslage“, sagt Klein. Wie klein der Markt zum Teil ist, sieht man daran, dass es von einem speziellen Detektortyp nur zehn Stück auf der Welt gibt, und neun hat Cascade hergestellt. Um die Abhängigkeit zu verringern, möchte man in weitere technologienahe Branchen wie die Teilchenmessung expandieren.