Im November 2021 wurde die einsturzgefährdete Salzbachtalbrücke in Wiesbaden gesprengt. Mit 221 Kilogramm Sprengstoff brachte man den Koloss zu Fall. Sprengmeister Eduard Reisch und seine Reisch Sprengtechnik GmbH aus Peißenberg in Oberbayern hatten die Sprengung monatelang bis ins kleinste Detail geplant. Am 6. November um 12:01 Uhr ging es dann ganz schnell, in wenigen Augenblicken war das Spektakel vorbei, alles verlief planmäßig. Sprengungen dieser Größenordnung sind sogar für Reisch eine Seltenheit. 2014 erregte das Unternehmen Aufsehen, als es den AfE-Turm der Frankfurter Universität in einem dicht bebauten Gebiet zu Fall brachte; es war damals die größte Gebäudesprengung Europas.
Unterschiedliche Gebäude benötigten unterschiedliche Herangehensweisen, sagt Reisch. „So wie man aufbaut, baut man auch zurück.“ Die Sprengung sei dann das Verdichten monatelanger Vorgänge in wenigen Sekunden. Die Herausforderung sei das, was ihn auch nach mehr als 36 Jahren an diesem Beruf so reize, sagt der Geschäftsführer. Der Sechzigjährige erzählt, er habe schon als Fünfjähriger gewusst, dass er diesen Beruf einmal ergreifen wollte. Bereits im Kindesalter sei er mit Selbstlaboraten tätig gewesen, was nicht immer ganz sicher gewesen sei.
Reisch erinnert sich an die Planung der Sprengung des AfE-Turms. Als er zum ersten Mal auf dem Tower war und nach unten sah, fragte er sich, ob eine Sprengung möglich ist. „In diesen begrenzten Platz soll man den Turm reinlegen, ohne die angrenzende dichte Bebauung in irgendeiner Art und Weise zu beschädigen“, beschreibt Reisch die Herausforderung. Bis zum Tag der Sprengung arbeiteten an dem Projekt mehr als 30 Sprengberechtigte.
Reischs 1985 gegründete Firma ist auf der ganzen Welt in der Spreng-, Abbruch- und Pyrotechnik tätig. Jede Woche ist laut der Prokuristin Rosita Kandlhofer eine Sprengung angesetzt. Man ist nach eigenen Angaben marktführend in Deutschland; mit der langen Erfahrung von Eduard Reisch hebe man sich von der Konkurrenz ab. Der Umsatz des Unternehmens, das 30 Mitarbeiter beschäftigt, lag 2021 im mittleren siebenstelligen Bereich. Der Gewinn war laut Kandlhofer gegenüber dem schon guten Jahr 2020 nochmal gestiegen
Den Umsatz erwirtschaftet man hauptsächlich mit Sprengungsarbeiten. Angeboten werden neben Gebäude-, Kamin- und Brückensprengungen auch Abtragungssprengungen für Tunnel- und Straßenbau sowie Gewinnungssprengungen für Steinbrüche. Auch Abbrucharbeiten mit der Hand, wo eine Sprengung nicht infrage kommt, bietet das Unternehmen an. Weitere Produkte sind Pyrotechnik und Großfeuerwerke für Hochzeiten und Firmenfeiern sowie Hydraulikschläuche und Sonderteile aus Stahl für Baumaschinen und Bohrgeräte.
Damit eine Sprengung keine Schäden im Umfeld anrichtet, müssen einige Faktoren beachtet werden; dazu gehören die Statik von Sprengungsobjekt und Umgebung, die Berechnung der benötigten Sprengladung und die durch die Sprengung entstehenden Erschütterungen. „Sobald eine Bebauung in der Nähe ist, muss eine Erschütterungsprognose erstellt werden“, erklärt Kandlhofer. Reisch erinnert sich, dass „schon der eine oder andere Kamin“ nicht richtig gesprengt worden sei. Insgesamt seien Sprengungen aber „zumindest zu 99 Prozent sicher“.
Vor der Sprengung werden Löcher für die Sprengladungen von 30 bis zu 127 Millimetern in Fels und Stahlbeton gebohrt. Die Sprengstoffe variieren nach Reisch von gelatinösen Gesteinssprengstoffen über Emulsionssprengstoffe wie Ammoniumnitrat bis hin zu Nitropenta. Die Planung eines Auftrags dauere in der Regel drei bis vier Monate. Auftraggeber sind laut Reisch „alle Rückbauunternehmen in Deutschland“ und oftmals der Staat, wenn beispielsweise Brücken wie die Salzbachtalbrücke zurückgebaut werden müssen. „Das Sprengen wird eine größere Bedeutung kriegen“, sagt Reisch mit Blick auf die vielen maroden Brücken und auch Gebäude in Deutschland, denn „ein normales Rückbauverfahren dauert wesentlich länger als ein Sprengverfahren“.
Weitere wichtige Vorteile seien, dass im Vergleich zur manuellen Abtragung die Staubentwicklung und der Baulärm wesentlich geringer seien und oft auch die Kosten. Nach Reisch hätte die manuelle Abtragung des AfE-Turms in Frankfurt mehr als 4 Millionen Euro gekostet und über Monate viel Lärm verursacht. Die Kosten der Sprengung inklusive der Sicherheitsmaßnahmen hätten sich hingegen auf „unter einer Million“ belaufen. Die Zeitersparnis mache sprengtechnische Verfahren vor allem für den Rückbau der für den Verkehr so wichtigen Brücken attraktiv.