Landwirtschaft und Ernährung“ heißt ein Unterkapitel im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP. Der Begriff Nebenerwerbslandwirtschaft taucht dort nicht auf. Dabei sorgen gemäß einer Studie des Fachbereichsleiters Agrarwissenschaft der Hochschule Neubrandenburg, Theodor Fock, gerade diese Betriebe für einen gesellschaftlichen Mehrwert. Sie bieten eine Alternative zur Massenproduktion, sie agieren regional, tragen zum Erhalt offener Landschaften bei und fördern die Artenvielfalt. Und sie bewahren ursprüngliche Hofstrukturen, getreu dem Motto: „Du gehörst mir und du gehörst mir nicht, geliehen für kurze Zeit, Menschen kommen, Menschen gehen, doch der Hof bleibt stehen.“
So sagt es Nikolaus König, Berufsschullehrer, Nebenerwerbslandwirt – seit über 10 Jahren mit biokonformer Jungtieraufzucht – und bis zum Ausbruch der Corona-Krise Kabarettist im Programm der Theatermacher „Bure zum Alange“ (Bauern zum Anfassen). König bewirtschaftet einen der rund 127 000 deutschen Nebenerwerbslandwirtschaftsbetriebe; laut Bundesinformationszentrum Landwirtschaft ist das etwa die Hälfte aller Bauernhöfe. Dass es so viele Nebenerwerbsbetriebe gibt, hat auch etwas mit dem Steuerrecht zu tun: Kleinere land- und forstwirtschaftliche Betriebe können ihren steuerlichen Gewinn nach Durchschnittssätzen ermitteln, eine aufwendige Einnahmeüberschussrechnung entfällt.
Daneben zählt der emotionale Faktor. „Das frisch gemähte Gras im Frühjahr, der erdige Duft bei der Kartoffelernte, der Schweiß kombiniert mit Harz- und Tannenduft im Wald“, schwärmt König. Damit verbunden sei das Bewusstsein, „für das Stück Land, das von unseren Vorfahren bereitet wurde“, Verantwortung zu übernehmen. All dies habe er „mit der Muttermilch aufgenommen“.
Doch sei es eine Herausforderung, als Landwirt zu bestehen. Der Landwirtschaftsmeister, der einen 35 Hektar großen Hof im Hochschwarzwald auf fast 1000 Metern Höhe bewirtschaftet, weiß, wovon er spricht. Seit 1805 befindet sich der Bartleshof im Familienbesitz; bis 2013 wurde der Hof im Vollerwerb geführt, bis sich König zum technischen Lehrer weiterbildete. „Ich erfreue mich am Arbeiten mit den Schülern aus Landwirtschaft und Weinbau“, sagt er.
Seither trägt sein Einkommen als Lehrer rund 60 Prozent zum Familieneinkommen bei. Erträge aus Landwirtschaft und Forstwirtschaft (auf 9,5 Hektar mit Hofsägewerk) bringen 20 Prozent. Der Rest kam vor Corona aus dem Tourismus (Ferienwohnung) und der Unterhaltung (Schauspielerei, Kabarett). Enthalten ist ein Betrag, den König erhält, weil er seine historische Sägemühle als Schauplatz in der SWR-Fernsehserie „Die Fallers“ zur Verfügung stellt. In ihr tritt er gelegentlich auch als Darsteller auf. „Manchmal bin ich zu vielseitig“, sagt König selbstkritisch; ohne die Mithilfe der Familie ginge das alles nicht.
Gut ein Drittel der Nebenerwerbslandwirte betreibt die arbeitstechnisch weniger aufwendige Mutterkuhhaltung, schreibt Theodor Fock in seinem Agrarbericht 2020. Typisch für Nebenerwerbsbetriebe ist die extensive Landwirtschaft. So halten sie nur 0,58 Großvieheinheiten je Hektar. Gut möglich ist zudem, dass die Tiere mit Futter von der eigenen Wiese gefüttert und nahe zum Hof geschlachtet werden.