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Von Zigarettenautomaten zu Micro-Markets: Sielaff ist ein Urgestein der Automatenbranche.

F.A.Z.

16.09.2021

Liam Schäpers

Hans-Böckler-Berufskolleg, Münster

Die Sielaff GmbH & Co. KG aus Herrieden in Bayern ist in Deutschland und Mitteleuropa  Marktführer für Verkaufs- und Abgabeautomaten aller Art, sagt der Entwicklungsleiter des Unternehmens, Manfred Murr. Mehr als  16 000 Getränke-, Speise-, Snack-, Heißgetränke- und Rückgabeautomaten habe man 2019 verkauft und damit einen Umsatz von rund 155 Millionen Euro  erzielt. Der Ingenieur Max Sielaff erhielt  1887 vom Kaiserlichen Patentamt das Patent auf einen „Selbstthätigen Verkaufsapparat“.  „Sielaff ist sozusagen der Gründervater der Automatentechnik in Deutschland, wenn nicht sogar darüber hinaus“, betont Murr. Anfang des  20. Jahrhunderts habe Sielaff etwa 30 000 Schokoladenautomaten im Land aufgestellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg  fokussierte sich das Unternehmen auf Zigarettenautomaten. 

Die Geräte verkauft Sielaff an   die Aufsteller und Betreiber der Automaten, die  Operatoren. Derzeit gehörten Konzerne wie Dallmayr, Coca-Cola und Zoells.de  zu den  größten Operatoren des Unternehmens, berichtet  Murr. Doch es kämen immer mehr Direktvermarkter hinzu, zum Beispiel landwirtschaftliche Betriebe, die ihre Produkte 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche anböten.

Auf die Vending-Automaten entfielen rund 40 Prozent des Umsatzes. Der Rest werde mit Rücknahmeautomaten  erwirtschaftet. Die größten Operatoren  in diesem Bereich sind die Schwarz-Gruppe (Lidl) und die Rewe-Gruppe. In beiden Geschäftsbereichen  bietet man inzwischen Automaten mit Kamerasystemen und Touchdisplays,  die auch Inhaltsstoffe anzeigen können,  an.  Das Unternehmen beschäftigt  knapp 1000 Mitarbeiter.

Man vertreibt auch komfortablere Automaten, in denen  zum Beispiel  mittels Lift die Produkte beschädigungsfrei zum Ausgabefach transportiert werden. Sie  kosteten mehr als 8000 Euro, sagt  Murr. Die Preise der klassischen Automaten begännen bei etwa  3000 Euro. Bargeldlose Zahlungsmethoden  seien auf dem Vormarsch; international statte man die Automaten fast nur noch mit Kartenzahlgeräten aus. In Deutschland verlaufe der Wandel weg vom Bezahlen mit Bargeld zäher.

Laut Beate Schoenen vom Bundesverband der Deutschen Vending-Automatenwirtschaft ist  Deutschland mit 3,1 Milliarden Euro im Jahr 2019 der umsatzstärkste Markt für Verkaufsautomaten in Europa, auch wenn in  Frankreich und Italien mehr Geräte  vorhanden seien. Der größte Teil wurde  2019 mit Heiß- und Kaltgetränken erwirtschaftet.

Auf  manchen Märkten der Welt sei Sielaff nur schwach vertreten, berichtet Murr. Als Beispiel nennt er Japan. „Das ist ja die Automatenheimat.“ Im Vending-Automatengeschäft verbleiben laut Murr rund 70 Prozent der Automaten in Deutschland und 25 Prozent in der EU.  Im Rücknahmebereich gingen  nur 10 Prozent in  Länder außerhalb der EU. „In Europa und weiten Teilen der Welt sind die Rücknahmesysteme noch kein Thema“, erklärt Murr. Im Rücknahmebereich seien Tomra, RVM, Envipco und Diebold Nixdorf die größten Konkurrenten.

2019 war das  bisher  umsatz- und ergebnisstärkste Jahr.  Für 2021 plant man mit einem Erlös  zwischen 110 und 120 Millionen Euro. Murr begründet den Rückgang gegenüber 2019 mit der Rohstoffknappheit und höheren Preisen für Stahl, Chips, Kunststoffe und Displays. Auch Corona hinterlässt Spuren. Im Homeoffice kauften weniger Leute  am Automaten.

Ein Zukunftstrend sei das  Einkaufen ohne Verkaufspersonal. „Wir haben kleine Micro-Market-Systeme mit mehreren verketteten Automaten entwickelt.“  Micro-Markets sind kleine Supermärkte mit vielen Automaten, in denen rund um die Uhr eingekauft werden kann.  

Zur Veröffentlichung in der F.A.Z.

Liam Schäpers


Hans-Böckler-Berufskolleg, Münster
 

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