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Deutschland ist wanderbar

Lowa gehört zu den großen deutschen Wanderschuhherstellern. Die Bayern blicken auf eine wechselvolle Geschichte zurück und feiern bald ein großes Jubiläum.

F.A.Z.

16.12.2022

Leya Antoni

Parler Gymnasium, Schwäbisch Gmünd

Vom Genusswandern bis hin zu Extremtouren: Wandern ist  Volkssport. Gut  40 Millionen Deutsche ab 14 Jahren gehen laut Statista dieser Freizeitbeschäftigung nach. Die Wanderbranche ist im Aufschwung. Auf dem Markt findet man Wander-Apps genauso wie Outdoor-Magazine. Es gibt zudem immer mehr  Qualitäts- und Premiumwanderwege. Auch die   Wanderschuhhersteller spüren diesen Trend  deutlich. Die Lowa GmbH aus dem bayerischen Jetzendorf bei München hat ihn schon  früh erkannt. „Einige Jahre  nachdem  die Bergregionen in den 1950er Jahren  nach und nach touristisch erschlossen wurden, wurde Wandern ein richtiger Volkssport“, sagt  Geschäftsführer Alexander Nicolai. „Die Menschen zog es in die Berge, da sie bereits damals einzigartige Momente erleben wollten. An diesem Antrieb hat sich auch heute nichts geändert.“

Lowa stattet Expeditionen aus und begibt sich mit dem Lowa-Pro-Team  auf die höchsten Berge der Welt.  Profibergsteiger wie David Göttler erreichen den Gipfel des Mount Everest ohne Flaschensauerstoff in Lowa-Schuhen.  Weitere Expeditionen, die Lowa ausstattete, sind die Erstbegehung in der Zugspitze-Nordwand der Athleten Fritz Miller und Michaela Schuster und die  Erstbegehung der Route „24 hours of freedom“ im November 2020 von Martin Feistl und Sven Brand an der Sagwand-Nordwand in Österreich.

Lorenz Wagner, dessen Anfangsbuchstaben den Firmennamen  bilden, gründete 1923 in seinem  Elternhaus eine kleine Schuhmacherwerkstatt. Zunächst fertigte er klassische Haferlschuhe, baute die Produktion dann schnell aus und produzierte Bergstiefel.  Im Jahr 1936 beschäftigt er in seiner „Ilmtaler Schuhfabrik“   54  Mitarbeiter. Die Skischuhe der ersten Generation waren aus Leder und trugen die Namen von Bergen. Für die Olympischen Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen 1936 wurde das Modell „Kreuzeck“ entwickelt. Seine Tochter Berti und ihr Mann Josef Lederer hätten die  Schuhfabrik dann in eine neue Epoche geführt, sagt  Nicolai. 1972 erhöht sich der Bekanntheitsgrad des Unternehmens durch die  Entwicklung des Skischuhs Lowa Air.  Dieser steht für einen sehr guten  Sitz durch Luftpolsterung.  Zehn Jahre später begründet Lowa mit dem ersten Trekking-Bergschuh Trekker  eine neue Kategorie. 

Doch Ende der 1980er Jahre gerät das Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten. „Um die Arbeitsplätze weiterhin sichern zu können, entschließt sich die Familie Lederer, ihre Unternehmensanteile abzugeben“, berichtet  Nicolai. 1993    übernimmt die italienische Unternehmensgruppe Tecnica Lowa. Das Skischuhgeschäft wird nach Italien verlagert. „Lowa konzentriert sich fortan auf die Produktion von Bergschuhen“, berichtet  Nicolai.

Einen großen  Erfolg erzielt man mit dem Modell Renegade, einem leichten und flexiblen Multifunktionsschuh.  „Dieses Modell  wird zum Bestseller“, berichtet Nicolai.     Eine neue Produktionsmethode wurde ausgetüftelt. „Was bisher nur in anderen Schuhsegmenten gängig war, bildete den Grundstein einer neuen Schuhgeneration.“ Lowa habe  damals erstmals einen Schuh gefertigt, bei dem die Sohle nicht mehr verklebt, sondern direkt angespritzt worden sei. Der Renegade sei  einer der am meisten verkauften Outdoorschuhe in Europa. „Im Jahr 2017 wurde bereits das fünfmillionste Paar verkauft.“ Kaum ein anderes Modell werde  so lange und so erfolgreich produziert, sagt Nicolai.

Im Jahr 2000 verkaufte  Lowa  eine Million Paar Schuhe.  Zehn Jahre später waren  es 2 Millionen Paar,   2021 rund 3 Millionen.  Der Umsatz betrug 2021 229,3 Millionen Euro, 23 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.  Auch für das laufende Jahr rechnet  Nicolai mit einem Erlöswachstum auf mehr als 240 Millionen Euro. Die Preise  beginnen bei rund  160 Euro für den Lowa Renegade GTX.  Das Unternehmen beschäftigt international mehr als   2000  Mitarbeiter. Der stärkste Absatzmarkt sind die  deutschsprachigen Länder: In Deutschland, Österreich und der Schweiz generiert man gut  50 Prozent des Umsatzes. Lowa exportiert in mehr als  80 Länder.

Man verarbeite hochwertige Materialien, sagt Nicolai. Sie sind wasserdicht und  aus atmungsaktivem Gore-Tex.   Zu den Kunden gehören Familien ebenso wie ambitionierte Bergsportler. Unter dem Motto  „Reparieren statt Wegwerfen“ spielt Nachhaltigkeit eine große Rolle.  In den    hauseigenen Werkstätten werden   Neubesohlungen, Absatzerneuerung, Nahtreparatur, Fersenfutterreparatur, Haken- und Bordürenreparatur sowie diverse Ersatzteile angeboten. Die Werkstätten befinden sich in  Jetzendorf, in Interlaken in der Schweiz und im österreichischen St. Martin und werden laut Nicolai   stark nachgefragt.

Lowa unterhält außerdem  Center, in denen man   Wander- und Outdoorschuhe kostenlos testen kann. Sie befinden sich in der Nähe beliebter Wandergebiete,  zum Beispiel der Traufgänge bei Albstadt, in Langweiler im  Nationalpark Hunsrück und in  Reit im Winkl. Im kommenden Jahr will Lowa nicht nur weiter wachsen und  investieren – man feiert auch das hundertjährige Jubiläum.

 

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