Soloselbständige Musikerinnen und Musiker müssen sich selbst managen und sollten mehr können als ihr Instrument. „Als soloselbständiger Musiker bin ich quasi mein eigener Manager, mein eigener Buchhalter, Finanzspezialist und Steuerberater“, berichtet Hansjörg Fink. Der 52 Jahre alte Posaunist, Komponist und Arrangeur aus Nettetal in der Nähe von Mönchengladbach hat schon mehr als 5000 Auftritte in 70 Ländern absolviert.
Die Ausbildung an den Musikhochschulen bereitet in der Regel auf eine Festanstellung zum Beispiel in einem Orchester vor. Doch viele Absolventen arbeiten als Soloselbständige. Waren 1992 noch 15 000 Musiker der Künstlersozialkasse gemeldet, wie die Deutsche Orchestervereinigung berichtet, sind es nach Angaben des Deutschen Musikrats nun rund 55 500. In Schulen und Hochschulen werde zu wenig über Selbstmanagement und Wirtschaft gelehrt, sagt Fink. Soloselbständige Musiker verdienen ihr Geld durch Auftritte und Konzerte, sie sind auf Angebote angewiesen und stehen in einem Wettbewerb mit anderen. Um Aufträge zu erhalten, müssen sie auf einem hohen Niveau spielen und teils acht Stunden am Tag üben. Als Blechbläser sei es aber aus muskulären Gründen nicht möglich, länger als drei bis vier Stunden zu spielen, sagt der 30 Jahre alte Kölner Profi-Posaunist Janning Trumann.
Reisen gehören zum Beruf. Oft werden Konzerte in fernen Ländern gespielt. „Ich habe auf einem Jazzfestival in Kapstadt gespielt. Es gab auch andere schöne Auftritte, zum Beispiel schöne Kreuzfahrten über den Atlantik; dort bin ich mit einer Big Band aufgetreten“, erzählt Fink. Tourneen können zwei, drei oder vier Wochen dauern. Wegen Corona sind sie jedoch gerade nicht möglich.
Das Jahreseinkommen soloselbständiger Musiker ist gering. Nach Angaben des Musikrats lag es 2020 bei gut 15 000 Euro. Für dieses Jahr wird es auf knapp 13 000 Euro geschätzt. Viele unterrichten auch. Trumann ist mit acht Wochenstunden Lehrbeauftragter an der Musikhochschule in Mainz. „Gleichzeitig organisiere ich ein Jazzfestival in Köln.“ Oft werden nach Angaben der Orchestervereinigung mehr als 20 Schüler unterrichtet. Die Arbeitszeit liege bei 50 bis 60 Wochenstunden.
„Ich kann gut von meinem Einkommen leben und meine Familie ernähren“, sagt Fink, in Zeiten von Corona natürlich mit Einschränkungen. „Seit dem Lockdown habe ich keine Konzerte mehr gespielt und werde auch die nächsten drei Monate keine Konzerte mehr spielen“, sagt Trumann. Nach einer Umfrage des Landesmusikrates Berlin, die im Januar veröffentlicht worden ist, sehen 29 Prozent der Befragten keine berufliche Perspektive mehr.
Die Soforthilfe des Bundes über 9000 Euro durfte nur für Betriebsausgaben verwendet werden, wie die Wartung von Instrumenten, Büromieten oder Angestelltenkosten. „Diese haben wir allerdings nicht, da wir oft von zu Hause aus arbeiten“, sagt Trumann. Außerdem fielen selten Wartungskosten an, da sich eine Posaune über Jahrzehnte spielen lasse. Trotz all der Widrigkeiten sagt Fink: „Mein Beruf erfüllt mich jeden Tag mit Freude und Begeisterung.“
Anna Feron
Gesamtschule Hardt, Mönchengladbach