Es ist die 93. Minute, der Ball fällt ins gegnerische Tor. Man kann sein Glück nicht fassen, doch dann meldet sich der Videoassistent, und das ganze Glück ist plötzlich verschwunden. Der Schiedsrichter geht zum Monitor und erkennt das Tor wegen eines regelwidrigen Vergehens ab. Dieser technische Vorgang wird durchgeführt von der in Wuppertal ansässigen Riedel Communications GmbH & Co. KG.
Das Unternehmen wurde 1987 gegründet. Alles begann seinen Lauf zu nehmen, als sich Thomas Riedel ein paar Sprechfunkgeräte für eine private Veranstaltung zulegte. Er lieh sie aus, kaufte weitere, die er verlieh. Riedel ist inzwischen kein kleines Unternehmen mehr, man hat große Aufträge wie die Durchführung der Kommunikation von Festivals wie Rock am Ring und Wacken. „Riedel ist führender Hersteller und Vermieter von Intercom- und Mediennetzwerklösungen“, sagt Unternehmenssprecher Serkan Güner. Auch die Formel 1 ist Kunde. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 700 Mitarbeiter und hat 2019 149 Millionen Euro erwirtschaftet. Die Corona-Pandemie hat Riedel getroffen, Veranstaltungen wurden abgesagt.
Das Unternehmen stattet seit der Saison 2018/19 alle Unparteiischen der Bundesliga mit dem Riedel Bolero S aus. Nach der Einführung des Virtual Assistant Referee eine Saison zuvor war die Deutsche Fußball Liga (DFL) unzufrieden mit der Kommunikationslösung und fragte bei Riedel an. In den Übertragungswagen vor den Stadien wurde die Riedel-Technik schon länger eingesetzt. Die Ü-Wagen gehören Sportcast, einem Tochterunternehmen der DFL. Die reibungslose Kommunikation zwischen den Schiedsrichtern und dem Video Assistent Referee in Köln ist essenziell für die Durchführung der Spiele.
Was ist das Besondere am Bolero S? Es hat eine deutlich bessere Audioqualität. Außerdem ist die Verbindung zwischen den „Beltpacks“, die die Schiedsrichter mit sich tragen, und den Antennen sehr stabil. Das ist nicht selbstverständlich, befinden sich in einem Stadion wie dem Signal Iduna Park in Dortmund bis zu 80 000 Fans und somit etwa ebenso viele Handys. Diese sorgen für eine Reflexion der Signale. „Eine klare Kommunikation, die für alle sehr gut verständlich ist, ist das A und O“, sagt Nicolas Winter, Schiedsrichter in der 2. Bundesliga.
Jedes Spiel wird aus dem Remote Operations Center (ROC), das auf dem Firmengelände in Wuppertal steht, betreut. Im ROC sitzen an einem Spieltag etwa vier Personen. Es hat seine eigene Stromversorgung, damit im Falle eines Stromausfalls das Spiel weiterlaufen kann. „Wenn mittwochnachmittags in Aue eine Antenne wegfliegt, dann sehen wir das sofort und können uns kümmern“, sagt Projektmanager Carsten Voßkühler. Es habe schon mal Probleme auf dem Platz gegeben, sagt Schiedsrichter Winter. „Das war aber nicht die Schuld von Riedel, sondern meine.“
Das ROC wurde parallel zum Bolero S extra für den Bundesligagebrauch entwickelt. Jedes Bundesligastadion und zur Saison 2019/20 auch jedes Stadion der 2. Liga wurde mit der Technik ausgestattet; in jedem Stadion sind drei Antennen verbaut. Sie sind so angebracht, dass der Schiedsrichter in der Kabine und auch auf jedem Fleck des Feldes eine fehlerlose Kommunikation nach Köln hat. Rund um das Feld sind zwei Antennen angebracht – falls eine ausfallen sollte.
Zur Veröffentlichung in der F.A.Z.
Mika Walther
Landgraf-Ludwigs-Gymnasium, Gießen