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Der Bauer will Wind vom Wetter kriegen

Meteosol bietet Landwirten präzise Prognosen. Das bringt ihnen wirtschaftliche Vorteile.

F.A.Z.

3.11.2022

Marielle Selignow

Landgraf-Ludwigs-Gymnasium, Gießen

Manche Wetterdienste in Deutschland  nutzen  Modelle mit einem Radius von rund  28 Kilometern oder   mehr, sodass die Vorhersage für diesen Bereich die gleichen Werte ergibt. Bauern erhalten dann nicht immer eine präzise und genaue Wettervorhersage für ihre Flächen. Die Vereinigte Hagelversicherung VVaG, die seit 200 Jahren Agrarflächen gegen  Wettergefahren versichert, hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Situation zu verbessern, und  die Marke Meteosol gegründet.

„Seit Ende 2018 ist Meteosol sozusagen ein Start-up innerhalb der traditionellen Hagelversicherung“, sagt  Prokurist Daniel Rittershaus.  Das Unternehmen aus Gießen zählt 230 Mitarbeiter und hatte 2020 ein Prämienvolumen  von 250 Millionen Euro. Mithilfe von lokalen Wetterstationen stellt man den Nutzern eine Vorhersage mit einem Radius von nur  einem Kilometer zur Verfügung.

 Landwirte bekommen durch  präzise Wetterprognosen die Möglichkeit eines aktiven Risikomanagements. So ist es zum Säen wichtig, dass eine  „Temperatursumme“ erreicht wird, damit die Saat genügend Energie erhält, um aufzugehen. Auch der optimale Zeitpunkt einer ersten Düngergabe lässt sich so bestimmen.

Selbst wenn der Ertrag durch diese Verbesserungen  nur um wenige Prozentpunkte beeinflusst wird, beläuft sich der Mehrertrag zum Beispiel bei einem Hektar Weizen laut Rittershaus auf rund 40 bis 50 Euro.  Für Landwirt Franz-Josef Nattermann aus Alzey ist neben der Temperatur der Niederschlag besonders wichtig: „Die Vorhersage hilft mir zum Beispiel dann, wenn ich zur Rübensaat abzuschätzen versuche, ob es in den kommenden 14 Tagen ausreichend regnen wird oder nicht.“ Auch die Hagelversicherung profitiert.  Sie führt mit den Daten aus den  Wetterstationen Statistiken, um zum  Beispiel  neue Tarife zu kalkulieren oder neue Produkte zu entwickeln.

Die bisher 5000 Nutzer von Meteosol sind fast alle  Landwirte oder deren Mitarbeiter und  bei der Vereinigten Hagel versichert. Auch kommunale Einrichtungen wie Betriebshöfe der Gemeinden und Feuerwehren zeigen Interesse an den Wetterstationen. Für sie liegt der Nutzen  in der Planung von Winterdiensten oder in der Prognose möglicher Extremwettereinsätze.

 Bislang gibt es gut  800 Meteosol-Wetterstationen in Deutschland,  man  verfügt hierzulande über   eines der dichtesten Netze.  Die Zusammenstellung der Wetterstationen erfolgt in Kooperation mit dem bekannten Meteorologen Jörg Kachelmann.  Er übernimmt das Qualitätsmanagement bei der Auswahl der Standorte, wertet die Wetterdaten  aus  und integriert sie in die Modellierung der Wetterprognosen.

Der Preis einer  Wetterstation liegt  zwischen 1000  und 2000 Euro netto. Für die meisten Landwirte und Betriebe amortisiert sich dieser Betrag  nach wenigen Jahren.   Der bisher erzielte Umsatz bewegt sich im oberen sechsstelligen Bereich; für das laufende Jahr wird der Aufbau von  500 Stationen prognostiziert, sodass auch für 2022 ein ähnlicher Umsatz zu erwarten ist.

Zur Veröfffentlichung in der F.A.Z

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