Spannende Inhalte finden

Das ist alles andere als eine brotlose Kunst

Zwei Hamburger backen zu Hause Brot und verkaufen es nur auf Vorbestellung. Ihre Kunden stehen Schlange.

F.A.Z.

15.06.2023

Emma Pietsch

Gymnasium Corveystraße, Hamburg

Selbst gebackenes Brot aus dem „eigenen Wohnzimmer“ – das bietet die  Brotnomaden GmbH von  Christina Weiß und Lutz Geißler an. Sie nennen sich   „Brotkumpels“. Das Besondere:   Sie backen  und verkaufen ihre Waren  in ihrem Haus im Hamburger Stadtteil Sasel.    2022 wurden sie in einer  Umfrage des Gourmetmagazins „Fal-staff“ zur beliebtesten Bäckerei Hamburgs gewählt.

Kennengelernt haben sich die beiden 2016 in einem Backkurs von Geißler. Zunächst backten sie  nur nebenberuflich, doch „der Teig musste irgendwo hin“, wie Geißler sagt.  Allerdings  benötigten  sie einen Meistertitel für ihre Bäckerei.  2020 schloss Weiß die Meisterschule ab. Neben Produkten wie dem Hamburger Feinbrot,  Baguette und Toastbrot   gibt es  Saisongebäcke wie  Stollen. Am beliebtesten  sind  Ciabatta und der Schweizer Klassiker Bürli. Unter den Gebäcken stehen die Franzbrötchen an erster Stelle.

 Für die beiden besteht ein gutes Brot nur aus naturbelassenen Zutaten. Zu­dem sollte es Zeit zum Reifen haben und ohne Belag gut schmecken. Die Hauptzutaten seien „Mehl, Wasser, Salz und Zeit“. Das Mehl bekommen sie  von der Mühle Gut Rosenkrantz aus Neumünster, die  die einzige Biomühle in Norddeutschland sei.

Gebacken und verkauft wird zweimal in der  Woche. Die Brote können  nur auf Vorbestellung abgeholt werden. Am Backtag verkaufen sie  rund  220 Brote und 400 Gebäckstücke. Es kämen  Familien, junge Erwachsene und  Senioren aus dem Altersheim. Sie stellen sich in die lange Schlange, die sich vor dem Verkauf bildet. 

Die  Preise liegen   zwischen 6 und 10 Euro je Brot oder Gebäck.  Das Roggenbrot ist mit 6,50 Euro je  Kilogramm am günstigsten. Je kleiner das Brot ist, desto teurer ist es, da mehr Arbeit benötigt wird. „Natürlich ist es teurer als ein Brot aus dem Supermarkt, aber dafür ist es ohne Belag genießbar“, sagt Geißler.  Wer es günstiger anbiete, der betrüge sich selbst, glauben Geißler und Weiß.

Die beiden haben ihre Bäckerei En­de März 2022 eröffnet,  Werbung  haben sie nie gemacht. An keinem Tag sind sie bisher auf ihrem Brot sitzengeblieben. Herumgesprochen hat sich die Bäckerei anfangs durch eine Gruppe auf Whatsapp, die  aus Freunden und Bekannten bestand.  2022 haben die beiden nur etwa alle zwei bis drei Wochen zweimal in der  Woche gebacken. Das  waren ungefähr 35 bis 40 Backtage. Der Jahresumsatz  lag  bei rund 70.000 Euro. Je  Backtag benötigen sie  einen Tag für die Vorbereitung. 

Sie   bieten auch  Backkurse an. Die Onlinekurse von  vier Stunden  kosten 150 Euro. Die  Präsenzkurse für zwei bis zehn Personen finden  meistens in Österreich auf einer Alm statt. Sie dauern  fünf Tage; es  wird gebacken, was sich die Teilnehmer wünschen. Inklusive Unterkunft und Verpflegung kostet der Kurs 2400 Euro je Teilnehmer.   Die Kurse gibt es seit zwölf Jahren, sie waren bisher immer  ausgebucht. Geißler hat auch Brotbackbücher geschrieben, von  denen einige zu  den „Spiegel“-Bestsellern zählen.

Teil des Konzeptes  ist, dass die beiden die einzigen Mitarbeiter sind. Sie haben die Bäckerei auch eröffnet, um Spaß zu haben.  „Man könnte größer werden, aber wir wollen es nicht, da das der Brotqualität schadet“, sagt Geißler.

 

Zur Veröfffentlichung in der F.A.Z

Weiterlesen

Cookie Einstellungen