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Das Haus ist ganz aus dem Hölzchen

Ein Unternehmen aus Österreich baut aus Mondholz besonders gesunde Gebäude. Sie sollen gut fürs Herz sein.

F.A.Z.

7.10.2021

Helena Mälck

Kath. Schule Liebfrauen, Berlin-Charlottenburg

Warum lässt ein Hotelier in Leogang in Österreich sein Hotel erst mit siebzigprozentiger Heizausstattung bauen und verzichtet dann beim zwei Jahre später folgenden Hotelkomplex vollkommen darauf? Die Antwort liegt im Baustoff des Gebäudes und in dessen Verarbeitung mit dem System Holz100 begründet. Die Forsthof-alm, ein Wellnesshotel in den Bergen, besteht nämlich zu 100 Prozent aus Holz.

Gebaut wurde die Forsthofalm von der Thoma Holz GmbH, die  1990 vom Förster Erwin Thoma gegründet wurde. Zu Beginn wollte er nur das gesündeste Haus für seine Kinder bauen. Heute betreibt das österreichische Unternehmen mit 160 Mitarbeitern zwei Holz100-Werke in Deutschland und Österreich, ein Forschungszentrum in Goldegg, ein Hobelwerk in Neukirchen und ein Sägewerk in Gußwerk. Man  baut in mehr als 30 Ländern. „Unser Kerngebiet ist dabei Mitteleuropa“, berichtet  Elisabeth Thoma, zuständig für  Marketing und PR und Tochter von  Erwin Thoma. Rund  60 Prozent des  Umsatzes erwirtschafte man in Deutschland, vor allem im  süddeutschen Raum.

Gebaut habe Thoma unter anderem  ein elfstöckiges Rathaus in Venlo, das österreichische Filmarchiv bei Wien, ein vollkommen abhörsicheres Militärgebäude in Norwegen und eine Universität in Moskau. Die Häuser sind immer  an die Kunden angepasst, sowohl mit Blick auf die Maße als auch  die Oberflächengestaltung.  

Doch die Massivholzbauten waren nicht immer so flexibel. Zu Anfang baute Erwin Thoma Blockhäuser.  Infolge jahrelanger Forschung entstand dann das System Holz100. „Bei diesem System gibt es eine dickere Kernlage, auf die dünnere Bretter mit einem Buchendübel kreuzweise gedübelt werden, sodass eine ausschweifende Platte entsteht“, erklärt Elisabeth Thoma. Dabei wird vollständig ohne Leim, Metall, Chemie und  Holzschutzmittel gearbeitet und ganz auf das Bausystem und die natürliche Widerstandskraft  des Holzes gesetzt. Zur Herstellung der Wände wird nur heimisches Nadelholz aus PEFC-zertifizierter Waldwirtschaft genutzt.

Dabei ernte man nur im Winter zur abfallenden Mondphase. „Das Mondholz ist, mittlerweile wissenschaftlich erklärbar, ruhiger und resistenter gegen Schädlinge und hilft uns somit, auf jegliche Holzschutzmittel verzichten zu können.“

Ist das Holz geerntet, werden im laut Thoma größten Mondholzsägewerk Europas, der Säge Gußwerk, die auch dem Unternehmen gehört, Holzschnitte produziert und dann an einem der Standorte zu Wänden verarbeitet.  „Jedes Jahr werden ungefähr 200 Häuser gebaut”, sagt Elisabeth Thoma.  „Beim schlüsselfertigen Bau befinden wir uns im Schnitt bei etwa 2500 bis 3000 Euro pro Quadratmeter“, berichtet  Erwin Thoma. Der Umsatz im Jahr 2020 hat nach eigenen Angaben rund 30 Millionen Euro betragen.

Ein großer Kundenkreis kommt aus  dem Objektbau, zu dem Hotels und Großbauten gehören. Dazu kämen  junge Familien, Privatpersonen  und Menschen, die ein zweites Mal bauen, weil sie in den herkömmlichen Bauten krank geworden seien. „Wir haben herausgefunden, dass sich das Herz im vollen unverleimten Holz pro Nacht eine Stunde Herzarbeit spart“, sagt Elisabeth Thoma. Der Organismus fahre runter, das Immunsystem werde gestärkt.

Auch andere Eigenschaften von  Holz spielten für viele eine Rolle. Die wärmedämmende Fähigkeit  führe zur  Energieautarkie, sodass in den  Häusern auch ohne  Heizung oder Klimaanlage im europäischen Raum immer eine Temperatur von rund  20 Grad herrsche, wofür eine einfache Solaranlage auf dem Dach ausreiche.  Nach eigenen Angaben ist man der einzige Hersteller mit einer Garantie auf 50 Jahre Kondensatfreiheit. In einen  dauerhaften Kontakt mit nasser Erde  dürfe ein Holzhaus freilich nicht kommen; auch bei Thoma werden die Keller  betoniert. Man sei, sagt Elisabeth Thoma, der erste Baustoffhersteller mit einer echten ehrlichen Kreislaufwirtschaft („cradle to cradle“).

Auch die Aicher Holzbau GmbH & Co. KG mit Sitz in Halfing in Bayern fertigt Holzhäuser komplett ohne Holzschutzmittel oder Pestizide an. Das 1949 gegründete Familienunternehmen war zunächst nur eine Zimmerei.  Im Jahr 1976 konnte es mithilfe von Forschung und Entwicklung die ersten zertifizierten Holzhäuser herstellen. Man  baue  schlüsselfertig, erzählt Peter Aicher.   „Ein fertiger Quadratmeter kostet in etwa zwischen 1700 und 2500 Euro.“ Das Unternehmen beschäftigt 30 Mitarbeiter.

Zur Veröffentlichung in der F.A.Z.

Helena Mälck

Katholische Schule Liebfrauen, Berlin

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