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Darauf fahren Teenies ab

Der Ellenator ist ein Auto, das als Dreirad gilt. Man kann ihn ab 16 Jahren fahren. Eltern kaufen ihn für ihre Kinder.

F.A.Z.

1.07.2021

Luc Budde

Werner-von-Siemens Gymnasium, Berlin

Wenzeslaus Ellenrieder,  der Geschäftsführer und Gesellschafter der Ellenator GmbH aus Westendorf/Dösingen im Allgäu, wollte nicht, dass sein Sohn Motorrad fährt. Deshalb tüftelte er an einem Fiat 500 herum und erschuf, benannt nach ihm selbst, den Ellenator, ein 20 PS starkes Auto mit eingerückter Hinterachse, das auf eine Höchstgeschwindigkeit von rund 90 Stundenkilometern kommt und somit autobahntauglich ist. „So ein echtes Auto ist ja viel sicherer als diese mickrigen Leichtfahrzeuge oder ein Zweirad“, sagt Ellenrieder. Den Ellenator ließ er sich patentieren. Seit 2015 werden Autos in Serie umgerüstet und mit Straßenzulassung verkauft. Bis 2017 gab es den Ellenator auch als Škoda Fabia, VW Polo und Seat Ibiza zu kaufen. Nun konzentriert man sich auf das erfolgreichere Modell, den Fiat 500.

Die Umbauten ermöglichen, ab dem Alter von 16 Jahren Auto zu fahren. Denn mit dem Führerschein der Klasse A1 ist das Fahren von Motorrädern bis zu 15 PS und von Dreirädern bis zu 20 PS möglich. Der Ellenator ist vor dem Gesetz ein Dreirad, obwohl das Fahrzeug vier Räder hat. Die beiden Hinterräder wurden lediglich in die Mitte der Hinterachse versetzt. Die Richtlinie 2002/24/EG definiert Doppelräder, die rechtlich als ein Rad gelten, als „zwei auf einer Achse montierte Räder, bei denen der Abstand zwischen den Mittelpunkten der Aufstandsflächen der Reifen auf der Fahrbahn kleiner als 460 Millimeter ist“.

Der Sohn des Geschäftsführers, Markus Ellenrieder, gibt den Umsatz im Jahr 2016 mit 99 210 Euro an. 2019 lag er bei gut 800 000 Euro. Man beschäftigt vier fest angestellte Mitarbeiter. Jährlich verkaufe man rund 200 Ellenatoren. „Der Favorit ist ein schwarzes Coupé“, berichtet Wenzeslaus Ellenrieder. „Die Umbaukosten eines Ellenators belaufen sich bei einem Coupé auf 5680 Euro und bei einem Cabriolet auf 5980 Euro, die zum Anschaffungspreis eines Fiat 500 hinzukommen.“ Auf Wunsch baue man auch den gebrauchten Fiat des Kunden um.

Vor allem für Familien, die mit ihren  Kindern nicht in der Stadt wohnen, kann der Ellenator ein attraktives Fortbewegungsmittel sein.  Viele Kunden wohnten auf dem Land, sagt Markus Ellenrieder. „Hier ist der Ellenator besonders hilfreich; da spreche ich aus eigener Erfahrung.“ In der Stadt kommt man recht gut in Parklücken, denn die Basis, der Fiat 500, ist ein kleines und wendiges Auto. Die meisten Kunden erwerben das Fahrzeug für die Tochter oder den Sohn. „Kunden sind häufig Selbständige. Aber auch Durchschnittsfamilien kaufen ihren Kindern einen Ellenator“, berichtet Markus Ellenrieder. „Wir hatten auch schon mal einen Kunden, der aus Norddeutschland mit seinem Sportflugzeug zum regionalen Flugplatz Bad Wörishofen reiste, um für seinen Sohn zum 16. Geburtstag einen Ellenator zu bestellen.“

Der Ellenator verbraucht im Durchschnitt 4,5 Liter auf 100 Kilometer. Seit Kurzem gibt es ihn auch als Mild-Hybrid-Fahrzeug. Kosten für die Hauptuntersuchung fallen niedriger als bei Pkw aus, da ein Ellenator als Kraftrad abgerechnet wird. Die In­spektionskosten sind jedoch genauso hoch wie bei einem normalen Fiat 500. Eine Inspektion kann in jeder Fiat-Vertragswerkstatt erledigt werden. Meistens wird das Fahrzeug nach zwei Jahren wieder verkauft. Der Wiederverkaufswert ist relativ hoch.

Eltern, die ihren jugendlichen Kindern ein derartiges Fahrzeug kaufen, sollten jedoch bedenken, dass diese Fahranfänger sind und noch keine Fahrstunde absolviert haben. Insofern empfiehlt es sich, die ersten Fahrerfahrungen gemeinsam zu sammeln oder vielleicht einen Fahrlehrer zu beauftragen.

 

Luc Budde

Werner-von-Siemens-Gymnasium, Berlin

Zur Veröffentlichung in der F.A.Z.

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