Wie sähe eine Welt ohne Ampeln aus, in der man die Straßenmarkierungen bei Nacht nicht sähe? Die rund sechzig Tochterunternehmen der Swarco AG sorgen mit gut 3800 Mitarbeitern dafür, dass Leitsysteme Ordnung in den Verkehr bringen. Swarco ist ein auf der Welt führender Verkehrstechnikkonzern aus Wattens in Österreich. Der wichtigste Markt des Familienunternehmens ist nach Angaben des Sprechers Richard Neumann Deutschland. Etwa jedes fünfte statische Verkehrsschild hierzulande komme von Swarco, in Europa gelte das für etwa 7 von 10 Ampeln.
Ende der sechziger Jahre experimentierte der Tiroler Manfred Swarovski mit Scherben aus Recycling-Flachglas, die, zu Glaskügelchen geformt, ein Verkehrssicherheitsprodukt werden. Er war Urenkel von Daniel Swarovski, dem Gründer des Kristallglasunternehmens. Swarovski gründet eine Glasperlenfabrik. Die Perlchen fungieren bis heute als Reflektoren in Straßenmarkierungen. Inzwischen werden die Glasperlen von der Swarco Vestglas GmbH aus Recklinghausen hergestellt und dann nach Diez zur Swarco Limburger Lackfabrik GmbH geliefert, nach eigenen Angaben Deutschlands Marktführer für flüssige Fahrbahnmarkierungs-Materialien.
Das umsatzstärkste Unternehmen der Gruppe ist mit 130 Millionen Euro im Jahr 2020 die Swarco Traffic Systems GmbH aus Unterensingen bei Stuttgart, ein Systemintegrator für Lichtsignalanlagen, Kreuzungssteuerungen und Parkleitsysteme. "Wir sind seit 2000 Weltmarktführer auf dem Gebiet für LED-Ampeln", sagt Neumann. Die Swarco Futurit Verkehrssignalsysteme GmbH in Neutal in Österreich stellt sie her. Dort werden jedes Jahr 150 000 Verkehrslichtsignalgeber produziert; etwa 25 Prozent gehen nach Deutschland. In den meisten Fällen sind Kommunen die Auftraggeber. Jedoch seien, sagt Claus Habiger, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für intelligente Transportsysteme (ITS Germany), weitere Investitionen unsicher. "Die Covid-19-Situation benötigt eine immense Kraftanstrengung der öffentlichen Hand." Auch private Unternehmen hätten Bedarf an Ampeln, sagt Neumann. So benötigt ein Autobahnbetreiber Ampeln vor Tunneln. Laut ITS ist in der Produktion von Lichtsignalanlagen Siemens nach Swarco der nächstgrößte Produzent.
Das wichtigste Gerät sei das Steuergerät, erklärt Neumann. Die Ampel kann adaptiv gesteuert werden: Sensoren im Boden erfassen das Verkehrsaufkommen und passen die Ampelschaltung an. Sie kann auch mit einem festen zeitlichen Ablaufplan vorprogrammiert werden. Inzwischen seien die Ampeln viel intelligenter als früher, berichtet Neumann. Zusatzeinrichtungen erkennten Fußgänger, die sich auf eine Kreuzung zubewegten, um für sie die Ampelphase neu zu schalten. Eine Zusatzkammer in der Ampel detektiert Ozon-, CO2- und Stickoxid-Emissionen. Diese Daten werden dann an die Verkehrsleitzentrale weitergegeben. "Dadurch kann das Verkehrsmanagement der Stadt Strategien entwickeln, um den Verkehr in gewissen Bereichen einer Metropole umweltschonender zu steuern."
Der Markt sei trotz der langen Haltbarkeit der LED-Module nicht schnell gesättigt. Seit 2000 laufe die Umstellung von Lampentechnik auf LED-Technik. "Swarco hat im Jahr 2000 die erste Ampel mit einer zentralen Lichtquelle aus LEDs lanciert. Das Licht wird über Streulinsen über die Oberfläche des Lichtpunkts Rot, Gelb oder Grün gleichmäßig verteilt", erklärt Neumann.
Swarco beschäftigt sich auch mit der Digitalisierung, vor allem mit selbstfahrenden Autos. "Wenn ich keine guten Markierungen habe, bleibt die Straße für das Auto schlecht lesbar", sagt Neumann. Das Schwierigste am autonomen Fahren sei das äußerst komplexe Zusammenspiel aus automatisierten und noch vom Menschen gelenkten Autos.
Ein anderes Tochterunternehmen, die Swarco Dambach GmbH aus Gaggenau, stellt unter anderem Straßenschilder und Parkleitsysteme her, ist nach eigenen Angaben Marktführer in Deutschland und hat das Wegeleitsystem des Berliner Flughafens BER gebaut.
Die Exportquote der Swarco AG liegt bei rund 85 Prozent. In den vergangenen Jahren sei der Erlös um mindestens 10 Prozent jährlich gestiegen, 2019 wurde ein Rekordumsatz von 755,7 Millionen Euro erreicht, wie Neumann berichtet. Auch 2020 liege er "konzernweit auf dem Niveau von 2019". Ein Drittel des Umsatzes erziele Swarco mit Straßenmarkierungen, etwa zwei Drittel mit ITS (Intelligent Transport Systems).
Gabriel Hoensbroech.
Mallinckrodt-Gymnasium, Dortmund