Noch heute zeigen beide Weltkriege ihre Spuren in Deutschland und in anderen Teilen der Welt. Rund 300 000 Tonnen Munition rotten zum Beispiel in der Ostsee vor sich hin, berichtet der Fernsehsender NDR, mehr als das Vierfache in der Nordsee. Die Munition ist nicht nur im Meer durch langsam frei werdende Stoffe oder Detonation gefährlich, auch an Land kann es zu gefährlichen und teuren Komplikationen kommen.
„Mit Kampfmitteln kontaminierte Infrastruktur, Agrarflächen und Erholungsflächen müssen untersucht und geräumt werden“, erklärt der Diplom-Geophysiker Edgar Schwab, der Geschäftsführer der Seaterra GmbH aus Wandlitz in Brandenburg. Das im Jahr 2003 als Ein-Mann-Firma gegründete Unternehmen beschäftigt heute 54 Mitarbeiter, von Geowissenschaftlern und Feuerwerkern bis hin zu Seeleuten und Tauchern. Man arbeitet an Land und im Wasser. Die Arbeitsgebiete umfassen neben der Kampfmittelsondierung und -räumung Seevermessungen, geophysikalische Untersuchungen, Archäologie, Taucharbeiten und Unterwasserinspektion mittels Robotern. Im Vorfeld von Baumaßnahmen sei oftmals eine Sondierung und Räumung von Kampfmitteln (UXO – Unexploded Ordnance, Blindgänger) im Zuge einer Gefahrenabwehr notwendig oder vorgeschrieben, berichtet Schwab.
„Es gibt rund 30 Unternehmen in Deutschland, die vergleichbare Leistungen an Land durchführen, und rund fünf Firmen in Deutschland, die diese Dienstleistungen auch unter Wasser anbieten, und etwa zehn Firmen in Europa, die im Offshore-Bereich vergleichbar arbeiten“, sagt Schwab. Er hebt die eigens entwickelten Verfahren und Instrumente hervor. „Zum Beispiel haben wir Instrumente, die tiefer in den Untergrund blicken. Oder wir haben eine Sondierdrohne, die in der Lage ist, bei hoher Datenqualität Flächen aus der Luft zu erkunden.“ Auch nutzt man als eines der ersten Unternehmen Unterwasser-Crawler, zum Beispiel beim Bau von Offshore-Windkraftanlagen. Durch die semiautonome oder autonome Arbeit der Unterwasserfahrzeuge erreiche man mehr Sicherheit, was besonders im Bereich von Munitionsverklappungsgebieten im Meer von Bedeutung sei.
Die Kosten für ein Projekt reichen von 1000 bis 30 Millionen Euro. Man verwirkliche rund 200 Projekte im Jahr, der Umsatz liege zwischen 15 und 30 Millionen Euro. Die Kunden kommen aus den Bereichen Energie, Verkehr, Baugewerbe, Militär, Wasserbau, Bergbau und Behörden; rund 60 Prozent stammen aus Deutschland und 30 Prozent aus dem übrigen Europa. Das Geschäft sei sehr wechselhaft, da Projekte nicht langfristig planbar seien; es komme immer wieder zu Phasen mit sehr viel Arbeit und dann wieder mit wenig Arbeit.
Bisher habe man rund 2500 Aufträge ausgeführt, darunter auch für die East Side Gallery in Berlin. Der größte sei die Kampfmittelräumung der Seewasserstraße von Swinemünde nach Stettin gewesen. Etwa 14 Millionen Quadratmeter seien untersucht und geräumt worden, ungefähr 40 000 Verdachtsobjekte habe es gegeben. Einer davon sei eine der größten Bomben der Welt gewesen, ein 5,4 Tonnen schwerer „tall boy“, der zusammen mit dem polnischen Militär gesprengt wurde. Im Durchschnitt seien etwa 10 Prozent der gefundenen Munition gefährlich und müssten gesondert behandelt werden, wozu auch Sprengungen gehörten. Unfälle habe es bisher keine gegeben.
Auch an Nord Stream 2 hat das Unternehmen nach der Mitwirkung an Nord Stream 1 im Jahr 2010 gearbeitet. Seaterra untersuchte die komplette Pipeline-Trasse im deutschen Sektor, auf der außergewöhnlich viel Munition gefunden wurde. Wegen der Invasion Russlands in die Ukraine gab es Schwierigkeiten mit der Bezahlung.