Der Bundesliga-Zweitligist FC St. Pauli stellt seine Trikots selbst her. Dafür hat der Verein den Hersteller DIIY gegründet. Damit ist man nach eigenen Angaben im Profifußball der einzige Hersteller, der die Trikots ausschließlich nachhaltig produziert. Nach zwei Jahren Planung und Verhandlungen ging im Juni 2021 die fair produzierte Trainingskollektion in den Verkauf. Der Verein hatte lange nach Partnern gesucht, die in der Lage sein sollten, die Trikots nach den gewünschten Standards zu produzieren; es ging zum Beispiel um recycelten Kunststoff, Bio-Baumwolle und zertifizierte Materialien. Dem Verein wurde schnell klar, dass er die Trikots selbst herstellen muss, nach dem selbst gewählten Motto: „Alles muss man selber machen.“ So kam auch der Name DIIY zustande: Do it Yourself. DIIY ist Teil der Merchandising GmbH; die Umsätze betrugen 2022 laut Bernd von Geldern, Geschäftsleiter im Bereich Wirtschaft des FC St. Pauli, rund 2 Millionen Euro.
Nach seinen Angaben sind die Kosten für die nachhaltigen Produkte rund 25 Prozent höher. Allerdings fallen nun Geldbeträge, die an die Ausstatter der Vereine gezahlt werden, weg. Deshalb kann der FC St. Pauli die Trikots trotzdem zu fairen Preisen in seinem Onlineshop anbieten. „Nachhaltigkeit wäre auch, keine T-Shirts mehr zu verkaufen, aber wir haben im Merchandising über hundert Leute beschäftigt, die sich darauf verlassen, dass wir ein guter Arbeitgeber sind“, sagt von Geldern. Man müsse auch Geld verdienen, um einen größeren Ausstattervertrag ersetzen zu können, heißt es auf der Internetseite von DIIY. Ein Ausstattervertrag bringe einen siebenstelligen Betrag für den Verein ein, berichtet von Geldern.
Im vergangenen Jahr wurden rund 60.000 Teile aus der DIIY-Kollektion verkauft. Am wichtigsten waren die Trikots. Es gibt die Varianten „tailliert“ und „nicht-tailliert“. Beide bezeichnet der Verein als „unisex“, denn er legt viel Wert darauf, Geschlechterzuweisungen zu meiden und seine Fans dazu zu ermutigen, das zu tragen, was sie selbst schön finden.
Die Trikots seien so nachhaltig wie möglich produziert und mit Gütesiegeln ausgezeichnet. So trägt die „Totenkopf-Kollektion“ die Siegel „GOTS – Global Organic Textile Standard“ und „Fairtrade Cotton“. Zudem werden nach und nach alle Artikel aussortiert, die nicht dem vom FC St. Pauli festgelegten Minimum an Standards entsprechen.
Unter dem Namen DIIY gibt es auch Jacken, Hosen und Kapuzenpullover. Um die Arbeitsbedingungen und Zustände in den Produktionsstätten zu überprüfen, sind gelegentlich Mitarbeiter des FC St. Pauli vor Ort. Neben der Nachhaltigkeit spielt die Fairness in der Produktion eine große Rolle. Auf seiner Internetseite gibt der Verein an, den Mitarbeitern an den einzelnen Produktionsstätten „Löhne weit über dem Mindestlohn“ zu zahlen.
Die Hauptproduktionsorte sind in der Türkei und Portugal, nur die Jacken werden in China hergestellt, da sie viel Handarbeit benötigen und „die Produktion in Fernost unumgänglich ist, wenn die Jacken zu sozialverträglichen Preisen angeboten werden sollen“. Auch die chinesischen Produktionsstätten hielten nachweislich hohe ökologische und soziale Standards ein. Grundsätzlich stammen alle Stoffe und Zutaten aus der jeweiligen Region. Rohstoffe, die auf dem Weltmarkt beschafft werden, tragen Zertifikate wie „GRS - Global Recycled Standard“.
Der FC St. Pauli lässt sich auch selbst kontrollieren. Dafür ist er im Frühjahr 2021 als bisher einziger Fußballverein der Fair Wear Foundation beigetreten. Es wird kontrolliert, ob die Trikots wie angegeben aus mindestens 50 Prozent recycelten Fasern bestehen, was dem Verein nach eigenen Angaben schon in der ersten Saison zu fast 100 Prozent gelungen ist. Im März 2023 bekam der FC St. Pauli die Bewertung „Good“. Während der Verein im Bereich des Austauschs mit anderen Unternehmen sehr gut abschneidet, muss im Bereich der Einkaufspraktiken noch nachgebessert werden. „Viel läuft aus dem Bauch heraus schon gut und richtig, aber es fehlte bisher ein systemischer Ansatz, um Einkaufsentscheidungen auf Basis von sozialer Verantwortung zu treffen und zu überprüfen“, heißt es vom Verein. Um diese Anforderung in Zukunft umzusetzen, werde unter anderem an einer umfassenden Risikoanalyse gearbeitet.
Der FC St. Pauli könnte mit DIIY laut Bernd von Geldern ein Vorbild für andere Fußballvereine werden. Er vermutet, dass Nachhaltigkeit zu einem Kernthema im Profifußball werden wird. „Für Fußballvereine ist es essenziell, Fans anzusprechen, da sie mitgliedergeführt sind.“
Von Geldern kann sich auch Kooperationen mit anderen Fußballvereinen vorstellen. Dabei denkt er eher an kleinere Klubs als an Profivereine, weil St. Pauli nicht bereit sei, Sponsorengelder zu zahlen und somit als Ausstatter zu agieren. Kleinere Vereine sind derzeit mit DIIY im Gespräch. Zu ihnen zählt der Eimsbütteler Turnverband (ETV), ein Sportverein aus Hamburg; er erwägt, seine Trikots ab 2025 von DIIY produzieren zu lassen. „Grundlegende Faktoren in unserer Entscheidungsfindung waren zum einen die Nachhaltigkeit und zum anderen die gute Qualität, die DIIY gewährleistet“, berichtet Jasper Hölscher, Koordinator im Bereich Fußball im ETV.
Von Geldern sieht weitere Umweltprobleme im Profifußball: „Es ist eine ökologische Schande, das Stadion für nur 17 Heimspiele in der Saison vorzuhalten, da an den Spieltagen sehr viel Müll entsteht und der Rasen sehr intensiv gepflegt werden muss.“ Jeder Verein müsse das so gut es geht kompensieren. Der FC St. Pauli wolle den Müll an den Spieltagen reduzieren und bewirke mit den nachhaltigen Trikots einen Ausgleich. Der Fußballverein, der für soziales Engagement bekannt ist, hat die erste Kollektion von DIIY zudem dazu genutzt, ein soziales Zeichen zu setzen: Sie ließen die Auswärtstrikots mit „Kein Fußball den Faschisten“ bedrucken.