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Wie der Zweite an die erste Stelle kommt

Cleverheads vermittelt Stellensuchende, die nicht genommen wurden

F.A.Z.

8.01.2015

Nicolas Kersten

Kath. Schule Liebfrauen, Berlin-Charlottenburg

Bei den Olympischen Spielen gibt es Gold, Silber und Bronze. Bei der Bewerbung um eine Stelle gibt es nur Gold – oder eine Absage“, stellt Martin Gaedt fest. Und leider bekomme die Mehrzahl der gut qualifizierten Bewerber Absagen, sagt der Geschäftsführer des Berliner Unternehmens Cleverheads GmbH. Bei Bewerbungen um eine begehrte Stelle kämen normalerweise fünf bis zehn Interessenten in die engere Auswahl, drei würden eingeladen, aber nur einer genommen. Um die Zweit- und Drittplazierten kümmern sich Gaedt und zehn Mitarbeiter mit der von ihm gegründeten Plattform Cleverheads.

Der 46-Jährige stellt in ganz Deutschland Unternehmen, Kammern und Verbänden seine klugen Köpfe vor und wirbt dafür, dass die Unternehmen an die Zweit- und Drittplazierten gleichzeitig mit der Absage eine Einladung zum Online-Talentpool ihrer Region senden. Dort werden sie anderen Unternehmen mit Empfehlung des Betriebes, der sie abgelehnt hat, präsentiert. Diese können nun ein Angebot machen.

Der Vorteil der regionalen Netzwerke liegt für Gaedt auf der Hand: „Wenn fünfzig Unternehmen im Netzwerk ihre Silber- und Bronzekandidaten empfehlen, haben sie zusammen 100 Top-Kandidaten.“ Bei 300 Betrieben im Netzwerk seien es dann vielleicht schon 600 Silber- und Bronzegewinner, rechnet Gaedt vor. Gerade die kleinen und mittleren Unternehmen, die nicht im Fokus von qualifizierten Fachkräften stehen, können so interessante Bewerber ansprechen, die sie sonst womöglich nicht erreichen würden.

„Cleverheads ist mit unterschiedlichen Talentpools schon in fünfzig deutschen Regionen vertreten, an denen sich bereits 1000 Unternehmen beteiligen“, berichtet Gaedt. Bisher seien rund 8000 Bewerber empfohlen worden. Sie haben die unterschiedlichsten Qualifikationen. Kaufmännische Sachbearbeiter sind genauso vertreten wie Vertriebsexperten, Marketingreferenten, Ingenieure und Wirtschaftsjuristen. In den vergangenen zwölf Monaten hätten etwa 100 Kandidaten über Cleverheads eine neue Stelle gefunden, sagt Gaedt.

Die Unternehmen, die über die Plattform Fachkräfte suchten, wüssten, dass die Kandidaten im ersten Bewerbungsverfahren schon professionell unter die Lupe genommen worden seien. „Und das erste Unternehmen kann seine Recruitingkosten refinanzieren, weil es bei erfolgreicher Vermittlung eine Prämie bekommt“, erklärt Gaedt.

Um auf den Bewerberpool zurückgreifen zu können, zahlen die Unternehmen aber erst einmal eine Jahresgebühr zwischen 300 und 1500 Euro – sie richtet sich nach der Größe des Unternehmens und muss sowohl von Unternehmen gezahlt werden, die Kandidaten empfehlen, als auch von Betrieben, die neue Mitarbeiter suchen. Die Prämie, die das Unternehmen dann zusätzlich zahlen muss, wenn es einen Bewerber aus dem Pool einstellt, teilen sich Gaedt und der Betrieb, der den Kandidaten empfohlen hat. Sie bemesse sich am Jahresbruttogehalt und sei deutlich niedriger als das Honorar, das Headhunter verlangten. Verdient beispielsweise ein Logistikkaufmann 40000 Euro im Jahr, wird eine Prämie von 2400 Euro fällig. Ein Personalvermittler würde dafür 8000 bis 10000 Euro verlangen.

Über Cleverheads hat auch der 39 Jahre alte Martin Börge Lassen in einem Hamburger Immobilienunternehmen eine Stelle gefunden. „Empfohlen hat mich eine Mitarbeiterin der Personalberatung azGmbH Personalkonzepte“, sagt er. Schon kurz danach bot ihm sein neuer Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag an. So tragen auch professionelle Headhunter dazu bei, dass sich der Pool von Cleverheads füllt. „Wir lernen täglich deutlich mehr sehr gute Bewerber kennen, als wir an unsere Firmenkunden vermitteln können. Viele dieser Kandidaten laden wir ein, ihre Lebensläufe bei Cleverheads hochzuladen“, sagt Marie-Christin Ernst von der az GmbH.

Für die einstellenden Unternehmen sei der Weg der Personalgewinnung über Cleverheads preiswerter als über das Sichten Dutzender Bewerbungen und Jobmessen, sagt Gaedt. Mit Hilfe von Investoren hat er 2,5 Millionen Euro in die Entwicklung seines Talentpools investiert und ist optimistisch, dass sich dieser neue Weg der Personalgewinnung durchsetzen wird. „Weiterempfehlen statt absagen wird zum guten Ton gehören.“

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