Narrenhände beschmieren Tisch und Wände.“ So schimpfen manche Menschen, wenn sie Graffiti an Mauern, Brücken oder auf Waggons sehen. Sprayer sagen hingegen, sie wollten Farbe in den grauen Alltag bringen. Das ist auch das Ziel von Unternehmen wie Art-EFX, Highlightz und Artmos4, die dieses „Geschmiere“ zu ihrem Geschäftsmodell gemacht haben. In ihnen arbeiten Künstler, die Bilder mit Farbsprühdosen malen. Mit Safari-Landschaften, Bäckereiszenen oder exotischen Blumendesigns besprüht werden dann sogar Trafohäuschen zum Hingucker. Die Künstler sprayen auch auf die Wände von Schwimmbädern, Arztpraxen, Krankenhäusern und auf Garagentore.
Marktführer in dieser überschaubaren Branche ist nach Angaben des Geschäftsführers Ronny Bellovics das seit zwölf Jahren bestehende Unternehmen Art-EFX in Potsdam. Mehr als 10000 Werke für mehr als 6000 Auftraggeber hat das Unternehmen inzwischen geschaffen, auch in Rom und Wien. Jedes Jahr werden mehr als 300 Trafohäuschen besprüht.
„Wir versuchen grundsätzlich, Unikate zu schaffen“, sagt Bellovics. Trafohäuschen seien beliebt, weil sie „neue moderne Werbeträger in zentraler Lage sind“. Diese Werbeträger kosten im Durchschnitt 2500 Euro. „Die Preise können allerdings erheblich schwanken, da es Trafostationen von 13 bis 80 Quadratmeter Gestaltungsfläche gibt.“ Die Auftragsbücher seien gut gefüllt. „Mit 16 Mitarbeitern und einem Azubi erwirtschaften wir einen Umsatz im siebenstelligen Bereich.“
Auch Marcus Dörr, der Geschäftsführer von Artmos4, bearbeitet Aufträge aus nahezu allen europäischen Ländern und auch aus Russland, China und Hongkong. Mit sieben Mitarbeitern führt das Offenbacher Unternehmen etwa vierzig Aufträge im Jahr aus. Artmos4 wurde 1997 gegründet und ist laut Dörr die älteste noch bestehende Graffiti-Agentur Deutschlands. Zu den Auftraggebern gehören die Deutsche Bahn, Nintendo, Opel und Lego sowie Städte und Gemeinden. Für die naturverbundene Gemeinde Mömlingen habe das Unternehmen die neue Unterführung mit einer fotorealistischen Darstellung von heimischen Vogelarten gestaltet, erzählt Dörr. „Die Qualität der Bilder ist auch die Garantie dafür, dass sie nicht von illegalen Sprayern übersprüht werden, sie haben Respekt vor unseren Arbeiten.“ Für Prominente wie die Band TheBossHoss, den Comedian Sascha Grammel und die Sängerin Lena fertigte Artmos4 Kunstwerke in Form eines „Sold-Out-Award“. Das ist eine Auszeichnung für jeden Prominenten, der in Offenbach ein ausverkauftes Konzert oder Veranstaltung abgehalten hat.
Das Unternehmen Highlightz, das seit 2007 besteht und seinen Sitz in Bonn hat, zählt zu seinen Kunden Vodafone, die Stadtwerke Duisburg und Bonn, Opel, Audi, koda, Rewe, den Energieversorger Mainova, Fußballvereine und das Bonner Eros-Center: Auf einer freistehenden Giebelwand stolziert ein Pin-up-Girl mit einem Leoparden an der kurzen Leine über einen roten Teppich eine Bühnentreppe hinunter. „Für dieses Projekt haben wir Farbe für 1200 Euro versprüht“, berichtet Highlightz-Inhaber Simon Horn. „Die meisten Arbeiten fertigen wir im Außenbereich an. Dadurch ergibt sich die Hauptsaison von März bis November. Fallen die Temperaturen dauerhaft unter 10 Grad, werden die Arbeiten ausschließlich in den Innenbereich verlegt.“ Für den größten Auftrag, der 1200 Quadratmeter maß, wurden sechs Wochen benötigt. Die Preise belaufen sich, je nach Aufwand, auf 40 bis 150 Euro je Quadratmeter. „Die Nachfrage ist sehr zufriedenstellend und konstant“, sagt Horn. Der Jahresumsatz habe in den vergangenen Jahren im niedrigen sechsstelligen Bereich gelegen.
Illegale Sprayer werden hingegen bestraft. In einigen Ländern sind die Strafen besonders drastisch: So wurden im März 2015 zwei 21 Jahre junge Deutsche aus Sachsen für das Besprühen eines U-Bahn-Waggons in Singapur zu sogenanntem Caning verurteilt: In vorgebeugter Haltung erhalten sie mindestens drei Stockschläge auf den Po.