Georg Heinrich Rühl war auf der Suche nach einer Weiterentwicklung seines landwirtschaftlichen Betriebs – und entschied sich, eine Austernpilzzucht aufzubauen. Er begründet dies mit seiner Intuition und seinem schon immer vorhandenen Interesse an Pilzen. „Als ich klein war, hatten wir Flüchtlinge aus dem Sudetenland, mit denen ich immer in die Pilze gegangen bin“, erzählt er. Auf dem deutschen Markt für biologisch angebaute Austernpilze liegt der Anteil von Druid Austernpilze aus dem hessischen Ottrau nach Rühls Schätzungen bei etwa zwei Dritteln. Jährlich produziert sein Betrieb mit sieben bis zehn Arbeitskräften mehr als 400 Tonnen Austernpilze. In Deutschland werden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes jedes Jahr fast 60000 Tonnen Speisepilze geerntet, 98 Prozent sind Champignons.
Druid Austernpilze erzielte nach eigenen Angaben 2015 einen Umsatz von 1,2 Millionen Euro. Für 2016 erwartet Rühl eine weitere Steigerung. Die Preise für den Großhandel schwanken zwischen einem und 6 Euro je Kilogramm. „Im Sommer ist die Nachfrage geringer, weil weniger Pilze gegessen werden“, sagt Rühl. Hinzu komme, dass die Zucht in dieser Jahreszeit deutlich schwieriger sei. „Die optimale Wachstumstemperatur der Pilze liegt bei 10 bis 14 Grad Lufttemperatur.“ Im Sommer funktioniere die Zucht zwar auch, es müsse aber auf 18 Grad heruntergekühlt werden, was teuer sei.
Die Zucht von Austernpilzen bedingt laut Rühl als Grundvoraussetzungen Sauberkeit und Hygiene. Die Räume, in denen er züchtet, sind stillgelegte Militärbunker. Zu Beginn der Kultur sind sie fast steril. Durch die Erntearbeiten und das Öffnen der Räume ändert sich das. Dann kommt es darauf an, die Pilze durch Kulturmaßnahmen gegenüber schädigenden Organismen – Pilzen und Bakterien – zu stärken. Das Unternehmen züchtet in sechzehn Bunkern. Deren langfristige Anmietung war günstiger als ein Neubau. Für jeden Bunker werden Heizungen und Kühlungen benötigt. Ein Vorteil ist, dass die Infektionsgefahr von Bunker zu Bunker geringer ist als bei anderen Räumen, die nebeneinanderliegen.
Wichtig für die Zucht sind die Zubereitung des Substrats und die Auswahl der Art. Bis zur ersten Ernte dauert es etwa dreißig Tage. Die zweite Ernte findet nach 14 bis 28 Tagen statt. In der Inkubationsphase wachsen die Pilze in das Substrat aus Stroh ein; das Substrat wird größtenteils aus einem Partnerbetrieb in den Niederlanden importiert. In dieser Zeit bevorzugt der Pilz einen hohen Kohlendioxidgehalt. In der Zwischenphase bildet er erste Fruchtkörper aus. Die Bedingungen müssen nun geändert werden, da der Pilz einen höheren Sauerstoffgehalt und somit viel Frischluft braucht. Dafür müssen Lufttemperatur, Luftgeschwindigkeit und Luftfeuchte reguliert werden. Auch während der Ernte muss möglichst viel Frischluft zur Verfügung stehen. Dies gewährleistet ein Zuchtcomputer, der alle zehn Minuten sämtliche Parameter in den Räumen misst. Es wird mit der Natur gearbeitet, die nicht von der Technik gesteuert werden kann. Deshalb erfolgt eine manuelle Einstellung. „Das Auge des Herrn mästet sein Vieh“, sagt Rühl.
Die überwiegende Kundschaft ist der Biofachhandel. In Zusammenarbeit mit einem Bio-Champignonanbauer, der über die Logistik verfügt, wird die Ware an Biogroßhändler geliefert. Einen geringen Teil seiner Produkte liefert Rühl als konventionelle Ware an den Großmarkt in Frankfurt und den Lebensmitteleinzelhandel. „Auslandsverkäufe machen wir in Abhängigkeit von der Marktsituation; unsere Pilze sind schon nach England, in die Niederlande, die Schweiz und nach Norwegen geliefert worden.“ Der Anteil dieser Lieferungen an der Verkaufsmenge sei aber geringer als 5 Prozent.
Die Entwicklung des Betriebs sei zunächst sehr schwankend verlaufen, berichtet Rühl. Heute gebe es neben Druid nur noch einen größeren deutschen Betrieb an der niederländischen Grenze in der Nähe von Kleve. Grund dafür sei vor allem die polnische Konkurrenz. „In der Branche spricht man von der polnischen Welle, von der die anderen Betriebe erledigt worden sind. Das traf nicht nur Betriebe in Deutschland und den Niederlanden, sondern die gesamte westeuropäische Pilzproduktion.“
Laut Rühl gab es vor zwanzig Jahren zwanzig bis dreißig Betriebe in Deutschland, die intensiv Austernpilze gezüchtet hätten. „Diese haben nach und nach aufgegeben. Grund dafür waren neben der zunehmenden Konkurrenz Probleme in der Betriebsführung oder auch mit dem Substrat.“ Nur zwei Betriebe seien übrig geblieben. „Überlebt haben wir durch harte Arbeit, kluges Verkaufen der Ware, vielleicht aber auch durch ein stärkeres finanzielles Polster.“ Wichtig sei auch die Umstellung auf Bio gewesen.
Typisch für die Branche ist nach Rühl, dass ausländische Arbeitskräfte eingesetzt werden. Auch er beschäftigt ausschließlich polnische Mitarbeiter. Dies sei nicht nur eine Kostenfrage, sondern auch der Tatsache geschuldet, dass die Bereitschaft, konsequent und hart zu arbeiten, für diesen Beruf sehr wichtig sei. „Heute bekommt man für diese Arbeit keine deutschen Mitarbeiter mehr.“
Gemeinsam mit der Universität Hannover hat das Unternehmen die Pilze auf Gesundheitswirkungen untersucht. Festgestellt habe man positive Effekte bei Arteriosklerose. In Zusammenarbeit mit der Universität Gießen habe man die Pilze mit Vitamin D angereichert. Diese natürliche Behandlung erlaubten sowohl die Lebensmittelüberwachung als auch die Richtlinien des Bioland-Verbandes. Darüber hinaus sind Kulturpilze, wie Rühl betont, keinen unmittelbaren Umwelteinflüssen ausgesetzt und reichern somit keine Schwermetalle oder andere Schadstoffe an. Da die Pilze das ganze Jahr über verfügbar seien, würden zudem die Bestände an Waldpilzen geschont.