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Polaroids entwickeln sich wieder positiv

The Impossible Project hält eine alte Fototechnik lebendig - und spricht viele junge Leute an.

F.A.Z.

24.03.2017

Anna-Lena Gurk

Friedrich-Engels-Gymnasium, Senftenberg

Als ich 1981 das erste Foto mit meiner neuen Polaroidkamera schoss, war meine ganze Familie dabei. Das war für uns wie Zauberei“, erzählt Kathleen Gurk aus dem brandenburgischen Senftenberg. Sie war damals 14 Jahre alt, und in der DDR waren Polaroidkameras eine Seltenheit. Gurk hatte das Glück, in Westdeutschland Familie zu haben; für die meisten anderen war es unmöglich, an eine solche Kamera und die passenden Filme zu kommen.

Auch mehr als dreißig Jahre später ziehen Polaroidfotos Jugendliche und junge Erwachsene aus der ganzen Welt in ihren Bann. Doch was passierte, als das einzige Unternehmen dieser Art auf der Welt die Produktion dieser besonderen Sofortbilder einstellte? In diesem Moment erblickte The Impossible Project das Licht der Welt. Als Polaroid im Februar 2008 das Ende der Produktion bekanntgibt, bricht für manche Hobbyfotografen eine kleine Welt zusammen. Da gründen Florian Kaps, André Bosman und Marwan Saba The Impossible Project und kaufen Polaroid im Oktober 2008 für 3,1 Millionen Dollar die Maschinen zur Herstellung der Polaroidfotos ab. Und sie mieten ein Gebäude in Enschede in den Niederlanden.

Inzwischen werden dort wieder die weltberühmten Filme hergestellt. „Die Ingenieure, die sich heute darum kümmern, spielen für uns eine wesentliche Rolle. Dank ihnen haben wir auch das Wissen, wie man die Maschinen im Notfall repariert“, sagt Oskar Smolokowski, der 26 Jahre junge Geschäftsführer von The Impossible Project. Vor vier Jahren entdeckte er das Projekt in einem New Yorker Impossible-Project-Laden und überredete seinen Vater, einen polnischen Investor und Milliardär, in das Unternehmen zu investieren. „Als die Gründer die Idee hatten, die Sofortbildfotografie wiederaufleben zu lassen, war dies eher ein Nischenmarkt, deshalb auch der Name The Impossible Project“, erklärt Smolokowski. Er ist zunächst Assistent von Florian Kaps, heute sitzt er an der Spitze der Geschäftsleitung. „Wir verkaufen zurzeit etwa 1,2 Millionen Filme im Jahr mit einem jährlichen Wachstum von rund 20 Prozent“, berichtet Mitarbeiter Peter Bösch. Den meisten Umsatz erwirtschaftet das Unternehmen durch den Verkauf der Filme. Nur etwas weniger erlöst es mit dem Verkauf von Kameras. Deutschland ist einer der wichtigsten Märkte in Europa. Bösch kümmert sich um den Verkauf der Filme und Kameras an den deutschen Nicht-FotoHandel. Dazu zählen Museumsshops, Warenhäuser und Geschenkartikelläden. Böschs Arbeitsplatz befindet sich in Berlin, denn The Impossible Project blieb nicht ausschließlich in den Niederlanden, wo nur noch produziert wird. Verkaufsstellen gibt es inzwischen in Berlin, Wien und New York, kleinere Läden auch in London und Paris.

„Mittlerweile sind etwa 140 Menschen aus der ganzen Welt an The Impossible Project beteiligt“, berichtet Smolokowski. In Berlin kommen die Mitarbeiter aus Neuseeland, Großbritannien, Irland, Frankreich, Österreich, Deutschland, Spanien, Polen, den Niederlanden und Italien. Ihr Durchschnittsalter liegt bei 33 Jahren. Sie wollen wiederaufleben lassen, was sie nur aus Erzählungen kennen. Man könnte glauben, vor allem die ältere Generation, deren Polaroidkameras seit Jahren unbenutzt zu Hause liegen, kaufe die Filme. Doch Smolokowski sagt: „Wir sehen immer mehr, dass sich vor allem die jüngere Generation zwischen 15 und 29 Jahren von der Magie der Sofortbildfotografie angesprochen fühlt.“

Inzwischen hat man die erste eigene Kamera, die I-1, entwickelt sowie das Instant Lab Universal, ein Gerät, mit dem man Fotos vom Smartphone oder Tablet in Polaroidfotos umwandeln kann. Die I-1 ist auf den ersten Blick eine traditionelle Polaroidkamera, doch hat der Benutzer mehr Möglichkeiten, das Aussehen seiner Fotos zu beeinflussen. Mit Hilfe einer App können zum Beispiel die Verschlusszeit oder die Blende feiner eingestellt werden. Sie kostet etwa 300 Euro, das Instant Lab Universal rund 130 Euro. Außerdem reinigt und repariert das Unternehmen alte Polaroidkameras. Zum Sortiment gehören auch Bücher, Taschen und andere Accessoires.

Ein normaler Film mit acht Fotos kostet 20 Euro. Daneben gibt es spezielle Ausführungen, zum Beispiel Duochromes; die Fotos sind dann in anderen Farben, zum Beispiel in Rot und Schwarz, gehalten. Außerdem bietet man nicht nur die typischen Polaroidfotos mit weißem Rahmen an, sondern auch goldene, silberne oder andersfarbige Rahmen. Derzeit wird ein System entwickelt, mit dem man die Gehäuse alter Kameras neu einfärben kann.

Der größte Wettbewerber ist Fujifilm. Das japanische Unternehmen stellt schon seit den späten neunziger Jahren unter dem Namen Instax Sofortbildkameras her. Inzwischen produziert Fujifilm auch eine Sofortbildkamera für das deutsche Unternehmen Leica. 

Zur Veröffentlichung in der F.A.Z.

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