Rund 12 Millionen Skifahrer, Snowboarder und Langläufer gibt es nach Angaben des Deutschen Skiverbands in Deutschland. Doch es fällt seltener Schnee. Dem Klimawandel trotzen wollen August Pollen und Johannes Janz, die Geschäftsführer der Allrounder Mountain Resort GmbH & Co. KG aus Neuss. Es begann 1997 nach einem Kneipenbesuch, als die beiden auf dem Weg zum Taxistand die verschneite Mönchengladbacher Fußgängerzone heruntergingen. „Wir dachten, wenn wir jetzt Skier hätten, könnten wir einfach runterfahren“, erzählt Janz. Sie wollten ein „Skievent in unsere Stadt“ holen, nicht zuletzt, um für ihr auf Skireisen spezialisiertes Alpinreisebüro zu werben, das sie nach ihrer Ausbildung zu Skilehrern gegründet hatten.
Und so verwandelten Janz und Pollen die abschüssige Mönchengladbacher Haupteinkaufsstraße in eine Skipiste, auf der 1997 der Synchro-Ski-Weltcup ausgetragen wurde. Fast 300000 Zuschauer feuerten nach ihrer Aussage das Spektakel an. „Damals haben wir gesehen, welche Emotionen Schnee auslösen kann, wenn er auftaucht, wo man ihn nicht erwartet.“
Nach zweieinhalb Jahren Planung, neun Monaten Bauzeit und 40 Millionen Euro Anfangsinvestition sei es am 4. Januar 2001 so weit gewesen: In Neuss öffneten die Tore der ersten Skihalle Deutschlands, die heute Jever Fun Skihalle heißt. Mittlerweile gibt es sechs Skihallen in Deutschland. Das Alpincenter in Bottrop wurde nur vier Tage nach dem Resort in Neuss eröffnet. Später kamen zwei Hallen in Norddeutschland, der Snow Dome in Bispingen und das Alpincenter in Hamburg-Wittenburg, sowie das Snowtropolis in Senftenberg in der Lausitz und eine Langlaufhalle in Thüringen hinzu.
„Allrounder produziert mit Hilfe eines hervorragend isolierten und geschlossenen Systems mit einem nahezu konstanten und minimalen Energieverbrauch zu jeder Jahreszeit den Kunstschnee selbst. Dabei findet so gut wie kein Kälteverlust nach außen statt“, sagt die Pressesprecherin des Unternehmens, Ricarda Meier. Die isolierten Wände sorgten dafür, dass auch im Hochsommer die Lufttemperatur in der Halle bei konstanten minus 3 Grad und die Luftfeuchtigkeit bei etwa 60 Prozent liege. Die unter der bis zu 14 Meter hohen Decke angebrachten zwölf Schneekanonen können am Tag gut 80 Kubikmeter Pulverschnee produzieren.
Heute nutze Allrounder nur noch Wasser und kalte Luft zur Schneeherstellung; chemische Zusätze würden nicht verwendet. „Für einen Kubikmeter Schnee setzen wir 350 Liter Wasser ein. Je nach Produktion für Großveranstaltungen kann die Schneedecke auf deutlich mehr als einen halben Meter steigen“, berichtet Meier. Die Piste ist 300 Meter lang, die Schneehöhe beträgt 50 Zentimeter. Es gibt eine neue Kinder- und Anfängerpiste von 100 Meter Länge.
Nach den Worten von Ralf Roth, Leiter des Instituts für Natursport und Ökologie an der Deutschen Sporthochschule Köln, ist Kunstschnee der falsche Begriff: „Das ist exakt der gleiche Schnee, der von der Natur gegeben ist, mit einem wenig höheren Wasseranteil.“ „Die in der Skihalle produzierten Schneekristalle sind feiner als der Naturschnee“, sagt Pressesprecherin Meier. Killian O’Brien vom Umweltbundesamt, verantwortlich für Internationale Nachhaltigkeitsstrategien, erklärt: „Dadurch haben diese Flocken eine höhere Dichte und schmelzen langsamer.“
Umweltschützer haben Bedenken gegen die Skihalle. Die Betreiber führen an, der Strom werde nur aus Wasserkraft gewonnen, und der Verbrauch liege bei knapp 3 Millionen Kilowattstunden im Jahr. „Ein beheiztes Hallenbad, ein Riesenrad und die Produktion von Autos verbrauchen auch Energie. Die legitime Frage ist, darf man auch für Freizeitvergnügen Energie einsetzen? Unsere Ökobilanz ist nicht schlechter als die eines Bundesliga-Fußballspiels“, sagt Meier.
Hauptkunden für den Schnee sind Veranstalter von Skievents, aber auch Weihnachtsmärkte, die auf die romantische Stimmung einer weißen Weihnacht setzen. Kindergärten haben laut Janz und Pollen Schnee für Hügel zum Schlittenfahren geordert. Insgesamt gibt Allrounder laut Meier „im Jahr etwa 4000 bis 6000 Kubikmeter Schnee außer Haus“. Die Vierschanzentournee in Oberstdorf und das Weltcup-Skispringen in Willingen im Februar wurden mit dem Schnee aus Mönchengladbach veranstaltet.
Josef Kolb, der Vorsitzende des Ortsausschusses in Lannesdorf, erhielt pünktlich zum Weihnachtsmarkt am zweiten Adventswochenende 2017 das „weiße Gold“. Es entstand eine 90 Meter lange Piste mit einer Breite zwischen vier und fünf Metern und einer Höhendifferenz von etwa sieben Metern. Der Ortsausschuss wollte rund um den Dorfplatz eine vorweihnachtliche Atmosphäre schaffen. „Dafür zahlt man in der Wintersaison vom 1. Oktober bis zum 31. März bis 20 Kubikmeter 80 Euro je Kubikmeter. Ab 20 Kubikmeter zahlt man 60 Euro. In der Sommersaison fällt fast nur die Hälfte des Preises an“, berichtet Meier.
Der Biologielehrer Björn Gemmel aus Bonn war schon in der Skihalle. „Irgendwann vergisst man, dass man sich in einer Skihalle befindet. Es gibt sogar Pistenraupen und gemütliche Hütten. Wir sind gerodelt, die Kinder haben einen Skikurs besucht“, erzählt er. Kinder bis 13 Jahre zahlen für eine Tageskarte zwischen 26 und 32 Euro, Erwachsene 36 bis 42 Euro. Die Preise sind von Jahreszeit und Wochentag abhängig. „Jährlich kommen etwa 1,2 Millionen Besucher ins Allrounder Mountain Resort, und in der Skihalle sind über 200 feste Angestellte beschäftigt“, sagt Meier. Allrounder betreibe eine der wenigen Ganzjahresskischulen in Europa.
Im Alpincenter in Bottrop macht man sich ebenfalls Gedanken über die Umwelt und hat auf das Hallendach eine Photovoltaikanlage anbringen lassen. Es bietet mit einer Länge von 640 Metern nach eigenen Angaben eine der längsten Indoor-Skipisten der Welt an. Außerdem besitzt man sie die einzige Sommerrodelbahn im Ruhrgebiet, die sich 1000 Meter die Halde hinunterschlängelt. Man beschäftigt 100 Angestellte, die Zahl der Kunden liegt bei 200000 im Jahr.
Um die Skihalle in Neuss wurden weitere Attraktionen errichtet, der Salzburger-Land-Kletterpark, das Hotel Fire & Ice und die Almgolf-Anlage. Im Spätsommer organisiert man einen Almabtrieb. Vom Hotel besteht eine Verbindung zur Skihalle, und man hat einen Ausblick auf die Skipiste.