Den Tisch mit dem Handy reservieren, die Bestellungen mit dem Tabletcomputer aufnehmen und nach dem Essen bequem mit dem Smartphone bezahlen: So könnte es bald überall in der Gastronomie sein, ginge es nach dem Willen von Jakob Schreyer, Bastian Schmidtke und Patrick Brienen. Sie bieten ein Kassensystem für das iPad an und haben 2011 in Berlin die Orderbird AG gegründet. „Bisherige Systeme waren sehr umständlich und haben in der Anschaffung bis zu 50000 Euro gekostet“, sagt Raffaela Schöbel, Inhaberin des Restaurants Margarete in Frankfurt und Kundin von Orderbird.
Das Unternehmen will eine erschwingliche und intuitive Kassenlösung anbieten. „Das iPad fungiert als Kasse; iPhones oder iPods ersetzen die teuren Funkboniergeräte traditioneller Kassenanbieter. Alle relevanten Prozesse sind in der Software integriert“, erklärt Orderbird-Mitarbeiterin Nicole Scheplitz. Bestellungen werden in das Handy eingegeben und an den Produktionsdrucker in der Küche gesendet. Orderbird liefere die Peripherie-Hardware und Zubehör für das Kassensystem wie Bon- und Rechnungsdrucker sowie ein Kartenlesegerät.
Auf dem Gebiet des mobilen Bezahlens gehöre man zu den Vorreitern, heißt es von Orderbird. So können die Rechnungen mit dem eigenen Smartphone, beispielsweise über den Bezahldienst Paypal, beglichen werden. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben der größte Anbieter für mobile „Point of Sale“-Lösungen in der Gastronomie. Zudem stamme seit 2015 jede zehnte verkaufte Gastronomiekasse in Deutschland, Österreich und der Schweiz von Orderbird.
Die Software wird zum einen in einer kostenlosen Variante angeboten, welche die Grundfunktionen beinhaltet und die gut 5 Prozent der Kunden nutzen. Zum anderen gibt es eine „Pro Version“ mit zusätzlichen Funktionen; sie kostet 49 Euro im Monat. Der Preis der Hardware liegt zwischen etwa 700 und 3300 Euro.
Das Unternehmen beschäftigt in Berlin gut 150 Mitarbeiter und wächst nach eigenen Angaben stetig. Mehr als 8000 Gastronomen in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Großbritannien und Frankreich nutzten das Orderbird-System zur mobilen Aufnahme von Bestellungen, berichtet Scheplitz. Man gewinne jeden Monat 300 Neukunden. Orderbird erzielte im Geschäftsjahr 2015/2016 (bis 30. September) einen Umsatz von 5,6 Millionen Euro, das war ein Anstieg um 44 Prozent. Für das laufende Geschäftsjahr erwarte man einen Umsatz im zweistelligen Millionenbereich und 10000 Kunden bis Ende 2017.
Jürgen Klümpen, Geschäftsführer der Burgerrestaurantkette Burger de Ville, ist Kunde von Orderbird. „Mit ein paar Abstrichen ist es ein tolles System“, sagt er. „Es gab ein paar Probleme mit Hackerangriffen, die den Ablauf störten.“ Die Reaktionen der Gäste seien positiv. „Es gab jedoch schon einmal Kommentare, dass die Mitarbeiter während der Arbeit am Handy spielten.“ Die Frankfurter Gastronomin Raffaela Schöbel sieht die intuitive Bedienung, die Transparenz und die Anschaffungskosten als Vorteile des Orderbird-Systems. „Bei herkömmlichen Systemen musste man Informatiker sein, um die benötigten Informationen einzupflegen.“
Kassensysteme, die auf anderen Betriebssystemen basieren als Apples iOS, machen Orderbird Konkurrenz. Die mtMax GmbH in Wiesloch ist nach eigenen Angaben ein führendes Unternehmen auf dem Markt mit Android-Kassensystemen. „Android ist ein gutes Betriebssystem für mobile Geräte. Es ist wesentlich preiswerter als zum Beispiel iOS“, sagt der Geschäftsführer Thomas Wengenroth.
„An der Digitalisierung in der Kassentechnik führt kein Weg vorbei, und die Prüfungsanforderungen der Finanzbehörden unterstützen diesen Prozess“, sagt Roland Ketel, der Vorsitzende des Deutschen Fachverbands für Kassen- und Abrechnungssystemtechnik. „Gerade bei der Kassenprüfung ist es Pflicht, jede einzelne Buchung/Abrechnung detailliert aufzuzeigen und diese bis zu zehn Jahre aufzubewahren. Diese Datenmengen lassen sich nur digitalisiert beherrschen.“ Nach Angaben des Verbands haben iPhone- und iPad-Kassensysteme einen Marktanteil von etwa 15 Prozent. Er werde weiter steigen.