In manchen Hotels dürfen nur Frauen übernachten. Ihr Konzept basiert auf den Annahmen, dass sich Frauen in großen anonymen Hotels nicht wohl fühlen, dass sie ohne Begleitung oft den Katzentisch im Restaurant bekommen und sich an der Bar durch Anmache belästigt fühlen. Drei Frauenhotels gibt es in Deutschland: die 1995 gegründete Hanseatin in Hamburg, das 2013 eröffnete Frauen-Zimmer in Köln und das Haus am Meer in Nienhagen, das seit 2007 existiert. „Mit unserem Frauenhotel wollten wir eine Oase für Frauen schaffen, in der sie sich sicher, geborgen und frei fühlen“, sagt Linda Schlüter, die gemeinsam mit Karin Wilsdorf die Hanseatin gegründet hat. Im denkmalgeschützten Gebäude im Hamburger Stadtkern gibt es 13 individuelle Zimmer und einen idyllischen Garten. Auch die Einrichtung dreht sich um Frauen. Alle Bilder sind von Künstlerinnen oder zeigen berühmte Frauen wie die Choreographin Pina Bausch. Frauenliteratur von Gertrude Stein bis Alice Schwarzer steht zur Lektüre bereit.
„Alle prominenten geouteten Lesben waren schon bei uns“, sagt Hotelmitarbeiterin Denise Lau. Die Gäste seien aber mitnichten nur Feministinnen und Lesben. Kürzlich habe die Frauengruppe einer Kircheneinrichtung übernachtet. Nach Schlüters Auskunft kommen Frauen aller Altersklassen, zunehmend auch jüngere. In der Woche sind es meistens Geschäftsfrauen und am Wochenende Touristinnen. Die Zimmer kosten zwischen 68 und 93 Euro für das Einzelzimmer und 106 Euro für das Doppelzimmer. Die Auslastung liege bei 70 Prozent, nach Schlüters Worten leicht über dem Hamburger Durchschnitt, und der Umsatz im unteren dreistelligen Tausenderbereich.
Das Frauen-Zimmer in Köln hat den Charakter einer Privatwohnung und ist nach Aussage der Inhaberinnen Sabine Gabus und Ulrike Steil das kleinste Hotel in dieser Sparte. Gabus und Steil haben ihre eigene Wohnung umbauen lassen. Das Hotel verfügt nur über drei individuell möblierte Doppelzimmer mit großem Bad. Man setzt auf Wohlfühlatmosphäre und modernes Design. Eine Übernachtung kostet zwischen 60 und 120 Euro. Die Auslastung betrage derzeit rund 50 Prozent, Tendenz steigend.
Im Haus am Meer in Nienhagen an der Ostsee ist die Nachfrage nach Aussage der Geschäftsführerin Hildegard Benning ungebrochen hoch. Das Hotel hat fünf Doppelzimmer, ein Einzelzimmer und vier Bungalows. Die Preise reichen von 60 bis 110 Euro. Die Gäste seien unterschiedlich: Frauenpaare, Alleinreisende, Witwen; das Durchschnittsalter liege zwischen 45 und 50 Jahren. Sie wählten das Hotel, weil sie sich unter ihresgleichen wohler fühlten, sagt Benning.
Nach Auskunft des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) sind Frauenhotels ein Nischenangebot. Von den einmal acht Frauenhotels existierten nur noch drei. Die Gesellschaft habe sich verändert. Während Frauen vor dreißig Jahren noch Aufsehen erregten, wenn sie ohne männliche Begleitung ein Hotel aufsuchten, sei das heute nichts Ungewöhnliches mehr. Immer mehr Hotelbetreiber entdeckten alleinreisende Frauen als wirtschaftlich attraktive Zielgruppe und böten „frauenfreundliche“ Zimmer oder ganze Hoteletagen für Frauen an, sagt Dehoga-Pressesprecherin Stefanie Heckel. In Deutschland sei jeder vierte Geschäftsreisende inzwischen weiblich.
„Frauen setzen bei der Wahl der Hotelzimmer andere Maßstäbe als männliche Reisende“, sagt Fritz Dreesen, der Vorsitzende des Hotelverbands Deutschland (IHA). Welche das sind, steht in der Studie „Frauenzimmer. Wie Businessfrauen sich Hotels wünschen“ der Köln International School of Design. Sinnlichkeit, Sozialität, Sicherheit – mit diesen Begriffen fasst Uta Brandes, Professorin für Gender und Design, die Ergebnisse zusammen. Es gehe um das Wohlfühlen in fremden Zimmern. „Bei Frauen spielt die Vorstellung eines Zuhauses auf Zeit eine große Rolle“, sagt Brandes. Für sie komme es auf die Details an. Männern genüge hingegen ein Bett mit nicht völlig durchgelegener Matratze und ein „zivilisatorisches Survival-Kit“. Gern gesehen seien auch große Fernseh-Flachbildschirme.
Frauen wünschen in den Zimmern viel Platz, Stauraum und Ablageflächen, einen Blumenstrauß, in der Minibar gesunde Snacks und Getränke neben dem obligatorischen Obstkorb und kostenlos bereitgestelltem Mineralwasser. Im Bad mögen sie große Spiegel, gute Beleuchtung, einen leistungsstarken Föhn, hochwertige Körperpflegeprodukte und Kosmetika sowie Ersatzstrumpfhosen. Gefragt sind auch viele große Kissen. Geschätzt werden zudem Frauenparkplätze, gut beleuchtete Gänge, ein Zimmer in Aufzugsnähe, verlässliche Türschlösser und weibliches Personal auf der Etage.
Es gibt einige Unterkünfte, die sich auf diese Wünsche eingestellt haben. Die Essener Mintrop-Tagungshotels bieten seit mehr als zehn Jahren unter Leitung ihrer Inhaberin Maria Mintrop Frauenzimmer an. Nach Angaben des Empfangsleiters Sascha Moll sind es standardisierte Zimmer, die nach Bedarf umgewandelt werden. Die Nachfrage nach diesen 30 Zimmern im Stadthotel und den 58 Zimmern im Landhotel sei größer als das Angebot. Es handle sich um Zimmer der Luxuskategorie mit einem großen Bad. Sie würden „frauengerecht“ hergerichtet mit Bademantel auf dem Bett, Blumen, einem Willkommensgruß mit Karte und Pralinenteller und Hochglanzmagazinen. Auch die Hotelrestaurants sind auf Frauen eingestellt. „Katzentische gibt es hier nicht“, sagt Moll.
Im größeren Rahmen bieten die Leonardo Royal Hotels, die Exklusivmarke der Leonardo-Hotelkette, Zimmer an, die auf die Bedürfnisse von Geschäftsfrauen ausgerichtet sind, wie PR-Managerin Anne Radies sagt. In den Hotels in München, Düsseldorf, Köln, Baden-Baden und Berlin sind Zimmer für weibliche Gäste reserviert. „Verfügt ein Leonardo-Hotel beispielsweise im Durchschnitt über 350 Zimmer, sind darunter bis zu 20frauenfreundliche Zimmer.“ Die Nachfrage sei hoch, das Angebot soll ausgeweitet werden. Die Zimmer sind mit feinen Polsterstoffen ausgestattet und in Lila, Grün und Dunkelrot gehalten. Auf Wunsch bekommen die Gäste auch kuschelige Socken. Im Hotel Andel’s in Berlin werden Frauen in Zimmern mit viel Platz, exklusiven Kosmetikprodukten und einer DVD „Sex and the City“ untergebracht. Die Hotelkette Hyatt bietet „Hyatt for her“ an. Im Hyatt Regency in Düsseldorf können Frauen Wellness- und Schönheitsbehandlungen direkt auf das Zimmer buchen. Wissenschaftlerin Brandes warnt Hotels freilich davor, allzu offensiv mit „female friendly“ zu werben. Das könne schiefgehen, wenn es zu stark an „dogs are welcome“ erinnere.