Die Deutschen grillen für ihr Leben gern. Für den amerikanischen Grillgeräteanbieter und Marktführer Weber ist Deutschland inzwischen der zweitwichtigste Markt hinter den Vereinigten Staaten, berichtet die Marketingdirektorin Simone Weber. Rund 1,2 Milliarden Euro wurden nach Angaben des Kölner Instituts für Handelsforschung (IFH) im vergangenen Jahr für Grillgeräte, Brennstoffe und Grillzubehör ausgegeben. Das sei fast vier Mal so viel wie noch zur Jahrtausendwende. Allerdings entfielen nach den Erkenntnissen der Marktforscher nur noch etwa zwei Drittel des Umsatzes auf Grillgeräte; das Zubehörgeschäft werde wichtiger. Der Favorit ist nach Umfragen immer noch der Holzkohlegrill. Der Elektrogrill liegt auf Platz zwei, gefolgt vom Gasgrill. Doch nimmt nur die Verbreitung des Gasgrills zu.
Konnte die Branche in den vergangenen fünf Jahren noch zweistellige Wachstumsraten bei Grillgeräten einfahren, so waren es 2016 nach IFH-Angaben nur noch 1,7 Prozent. Da es in den meisten Haushalten schon ein Grillgerät gibt und dieses nach Angaben von Simone Weber im Durchschnitt erst nach 6,8 Jahren ausgemustert wird, setze die Branche nun verstärkt auf Grillzubehör und Käufer, die sich ein moderneres oder luxuriöseres Gerät anschafften. Der Edelstahlgrillhersteller Thüros aus Thüringen sieht den Trend zum Zweitgrill: „In den Vereinigten Staaten besitzen viele sogar einen Drittgrill“, sagt der Geschäftsführer von Thüros, Peter Schneider.
Viele Grillfans kaufen im Santos Grill Shop in Köln-Mülheim. Er ist nach Aussage des Inhabers und Geschäftsführers Rui Santos der größte Grillfachhandel der Welt. Das 4000 Quadratmeter große Gelände liegt inmitten alter Fabrikgebäude. Im Lager befinden sich mehr als 4000 Grills zum Mitnehmen. Das Unternehmen gründete Santos 2005, als er sich entschloss, seinen Beruf als Chemikant bei Bayer aufzugeben. 2016 erzielte die Santos Grills GmbH nach Aussage des Geschäftsführers des Grillshops, Daniel Schellhoss, einen Umsatz von 12 Millionen Euro; für 2017 erwartet man rund 14 Millionen Euro.
Die Zielgruppe ist nach Angaben von Santos der Grillfan, der etwas ausprobieren möchte. Der finde zum Beispiel einen Gasgrill mit mehreren Brennern und Seitenkochfeldern zu Preisen zwischen 4000 und 8000 Euro. In der laufenden Saison sei Zubehör gefragt, das spezielle Zubereitungsarten ermögliche, zum Beispiel der Pizzastein und der Dutch Oven, ein gusseiserner Topf, der zum Braten, aber auch zum Schmoren und sogar zum Kuchenbacken eingesetzt werden könne. Thermometer, die den Garpunkt des Fleisches anzeigten, stünden ebenfalls hoch im Kurs. Der neueste Trend seien ein digitales Thermometer und eine App, über die sich Grillfreunde benachrichtigen lassen könnten, sobald das fertiggegarte Steak vom Rost genommen werden könne.
Für den etwas größeren Geldbeutel wird der Keramikgrill für 5000 Euro angeboten, der die Hitze besonders lange speichern kann. Auch Hochleistungsgrills und Räucheröfen seien zunehmend gefragt. Ein skurriles Produkt ist der Smoker. Er sieht aus wie eine Lokomotive und wird mit Schienen verkauft, auf denen er rollen kann. Schellhoss sieht auch die Pelletgrills im Kommen. Ihre Vorteile seien eine hohe Energieausbeute und die Möglichkeit, die Grilltemperatur sehr fein auch auf niedrigem Niveau auszusteuern und über einen sehr langen Zeitraum konstant zu halten.
Mehr als 15 themenspezifische Grillkurse bietet Santos zudem an; sie werden jährlich von 25000 Grillfans besucht. „Der Anteil der Grillschule am Umsatz beträgt rund 25 Prozent“, berichtet Schellhoss. Am umsatzstärksten sind das Steak- und das Burgerseminar. Grillen ist immer noch Männersache. Nach einer Grillstudie des Discounters Lidl von 2012 stehen zu 80 Prozent Männer am Grill; 13 Prozent würden niemanden anderen an den Grill lassen.