Zwischen Shisha-Bars und Reisebüros wird im tiefsten Neukölln viel Blut vergossen: in der Blutwurstmanufaktur GmbH von Meistermetzger Benser. Es ist ein unscheinbarer Laden, doch die Ware wird an Fünf-Sterne-Hotels und Gourmet-Restaurants geliefert. Marcus Bensers Blutwurst ist preisgekrönt. Sie sei die beste der Welt, urteilte die Jury der inoffiziellen Blutwurst-Weltmeisterschaft. Und das schon dreimal. Ausgerichtet wird die Weltmeisterschaft von der Confrérie des Chevaliers du Goûte Boudin, der Bruderschaft der Ritter der Blutwurst, einem renommierten Verband aus Gourmet-Blutwurstmetzgern. Der Orden wurde Anfang der sechziger Jahre in Mortagne-au-Perche zur Förderung des Ansehens der Blutwurst gegründet. 1999, 2001 und 2004 holte Benser den Ersten Preis mit dem traditionellen Rezept seines Großvaters.
„Wo diese Wurst erst einmal eingeführt ist, lässt sich schnell ein großer Umsatz machen“, hatte der Großvater neben das Rezept geschrieben. „Und ich muss sagen, er hat recht behalten“, sagt Benser mit einem Augenzwinkern. Nach seinen drei Siegen wurde er vom Großmeister der Confrérie zum Blutwurstritter geschlagen – mit einer goldenen Wurstgabel. „Ich musste dann auf die Blutwurst schwören, dass ich ihre Verbreitung fördere, immer eine gute Blutwurst mache, sie besingen und preisen werde, immer darauf hinweise, wie lecker so eine Blutwurst ist, und mindestens einmal die Woche Blutwurst esse.“
Benser sollte eigentlich eine Banklehre machen. Das fand zumindest sein Vater. Die Familientradition sollte nach sieben Generationen von selbständigen Metzgermeistern unterbrochen werden. Doch das wollte er nicht. Also führte ihn sein Vater in den Beruf des Metzgers ein – um ihm zu demonstrieren, wie gut er es in einer Bank gehabt hätte. „Er hat sich ein Jahr alle Mühe gegeben, mir das Metzgerleben madig zu machen, hat aber das Gegenteil erreicht.“ Mit 26 Jahren übernahm Benser die Metzgerei.
Die Reihenfolge der Arbeitsschritte und die Gewürzmischung machten die Wurst besonders, sagt Benser. Zuerst müssten die kalten und danach die warmen Zutaten vermischt werden. Wichtig seien auch die Gewürze: brasilianischer Pfeffer, Thüringer Majoran und Nelken aus Sansibar. Die genaue Zusammensetzung von frischem Blut, gekochter Schweineschwarte, Schweinespeck und frischen Zwiebeln verrät Benser nicht.
Rund 700.000 Euro setzte die Blutwurstmanufaktur 2015 um. Es gibt auch einen Online-Shop; jeden Tag gehen 10 bis 15 Bestellungen ein. Etwa die Hälfte der Kunden sind Stammkunden. Die Blutwurst macht etwa 50 Prozent der Produktion aus, 2015 produzierte man 50 Tonnen. Daraus werden etwa 350.000 Würste gemacht. An der Theke geht ein Kilo für knapp 12 Euro weg.
Seit der Bundespräsidentschaft von Horst Köhler wird auch das Schloss Bellevue beliefert. Bei einem Essen von Gerhard Schröder und Bill Clinton im Berliner Restaurant Gugelhof wurde Bensers Blutwurst serviert. Und Angela Merkel probierte sie beim G-8-Gipfeltreffen in Heiligendamm. Auch Sterneköche wie der Berliner Kolja Kleeberg schätzen die Wurst. Detlef Obermüller, Inhaber des Gugelhofs, berichtet, dass seinen Kunden die Wurst gut schmeckt. „Ich bin aber mit einer anderen Art von Blutwurst groß geworden. Die wäre auch heute noch mein Favorit“, sagt er. Denn in vielen Regionen gibt es eigene Variationen der Blutwurst.