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Agenturen platzieren für Kunden Produkte auf Studentenpartys. Ist das Manipulation?

F.A.Z.

1.12.2016

Nora Wendel

Landgraf-Ludwigs-Gymnasium, Gießen

Geld dafür zu bezahlen, dass man seine Produkte verschenken "darf" - das mag auf den ersten Blick absurd erscheinen. Die Marketingagenturen Partyguerilla GmbH in München und WG Held in Essen bieten diesen Service an. Zu ihren Kunden zählen vor allem Getränkehersteller, aber auch Lieferdienste und Musikanbieter. Ihnen vermitteln sie WG-Partys; dort können die Unternehmen ihre Produkte kostenlos an den Mann oder die Frau bringen.

"Für diese Dienstleistung werden wir von den Unternehmen bezahlt", sagt Patrick Häfner, der mit Maximilian Hauck Geschäftsführer und Gründer von Partyguerilla ist. Der Name ist abgeleitet von Guerillamarketing; das sind ungewöhnliche Vermarktungsaktionen mit geringem Mitteleinsatz und einer relativ großen Wirkung. Häfner und Hauck arbeiten jährlich mit etwa vierzig Unternehmen zusammen. 95 Prozent verlängerten ihren Vertrag. 2015 habe der Umsatz nahezu im siebenstelligen Bereich gelegen. Den Marktanteil schätzt Häfner auf weit über 50 Prozent. Bisher hat das Unternehmen nach eigenen Angaben rund 3100 Partys vermittelt, an ihnen nahmen etwa 215 000 Studenten teil.

WG Held ist 2014 von Genia Lewitzki und Chuong Nguyen gegründet worden. In ihrem ersten "Partysemester" begannen sie mit 300 WG-Partys, im vergangenen Jahr organisierten sie 1600 Veranstaltungen. "Wir erhalten immer mehr Anfragen", sagt Lewitzki.

Bevor Häfner sein Unternehmen gründete, war er für das österreichische Unternehmen Red Bull tätig. Hilfreich sei die lockere Atmosphäre auf den Partys, sagt er. "Wenn dir ein Freund in seinem Wohnzimmer ein Bier anbietet, fühlst du dich nicht zu Werbezwecken manipuliert, sondern nimmst es als Empfehlung an, da du gar nicht mit Werbung rechnest", meint Häfner.

"Von Manipulation kann man nicht sprechen", findet Lewitzki von WG Held. "Da die Studenten etwas von uns wollen, nämlich die kostenlosen Getränke, nehmen sie die Werbemaßnahme in Kauf, sie wissen in der Regel auch darüber Bescheid." Lara Mendler aus Jena, Besucherin einer von WG Held vermittelten Party, sagt: "Unglaublich, was alles zur Verfügung gestellt wurde. Ich werde mich mit meiner WG auch bewerben." WG Held hat zum Beispiel Bacardi Deutschland, Veltins V+ und Singstar unter Vertrag, Partyguerilla kooperiert unter anderem mit Heineken, Pizza.de und Spotify. "Wir hatten von Dschungelfieberpartys, wo alle Studenten als Tiere verkleidet kamen, bis zu Vorbildern der Jugend, wo man Obelix und Darth Vader zusammen hat abgehen sehen, alles dabei", erzählt Lewitzki.

Beide Agenturen betonen, dass sie verantwortungsvolles Trinken großschrieben. So werden für eine von Partyguerilla vermittelte Feier, zu der 75 Gäste geladen sind, etwa 150 Flaschen Bier gesponsert. Und auch WG Held weiß sich abzusichern: "Bewerbungen wie ,Meine Leber ist die Theke' werden direkt abgelehnt", sagt Lewitzki. "Außerdem muss der Gastgeber vertraglich absichern, dass nur Volljährige auf der Party sind. Und für den Ernstfall sind auch unsere Campushelden geschult." Die Campushelden sind die 45 Mitarbeiter von WG Held, die in den dreißig größten Studentenstädten Deutschlands verteilt sind, damit auf jeder Veranstaltung mindestens einer anwesend ist.

Partyguerilla ist in den fünfzig größten deutschen Studentenstädten vertreten und vermehrt auch in Österreich und der Schweiz. Man plant eine Expansion in die Niederlande. Lewitzki plant auch eine Internationalisierung und Vergrößerung von WG Held. Inzwischen sei man auch auf Uni-Feiern vertreten.

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