Karl Lagerfeld mag es pompös. Je größer, desto besser. Wenn der Modezar zur Präsentation bittet, ist das in der Regel ein Spektakel. Das war vor ein paar Monaten im Grand Palais in Paris nicht anders, der Mann mit dem markanten Zopf bat zu seiner neuesten Chanel-Show. Für offene Münder sorgte auch ein Pariser Prachtboulevard von einhundert Metern Länge und Häuserfassaden, die bis zu zwanzig Metern hoch waren – eine perfekte Illusion, geschaffen von Inifinitus.
Infinitus gehört dem Unternehmen Big Image Sytems, dessen Gründer Werner Schäfer ist. Hauptsitz des Familienbetriebs ist mit 35 Mitarbeitern Täby bei Stockholm. Die zweite Produktionsstätte befindet sich in Potsdam-Babelsberg, wo knapp dreißig Mitarbeiter beschäftigt sind. Infinitus ist der einzige Drucker auf der Welt, der in der Lage ist, riesige Stoffwände, auch Backdrops genannt, in einem Stück, also ohne Nähte, zu drucken. Der selbstentwickelte, riesengroße Drucker steht in einer Halle in Potsdam-Babelsberg, direkt neben den Filmstudios. Zum Film wäre auch Werner Schäfer in seinen jungen Jahren gern gegangen, erzählt der heute 75-Jährige. Damals hätte er sich nicht träumen lassen, dass es auf andere Weise klappen sollte: mit Illusionen freilich nicht nur fürs Kino, sondern auch für Theater und Shows.
Schon früh hatte der gelernte Industriefotograf Interesse an großen Bildern, zu Beginn der achtziger Jahre sah er in Australien eines aus Stoff, das ihn faszinierte. Er verfolgte die Spur des Bildes, über die Vereinigten Staaten bis nach England. Dort begann er auch, große Airbrush-Produkte in ganz Nordeuropa zu vertreiben. Die Geschäfte liefen zwar gut, doch je größer das Bild war, desto mehr Abstriche in der Qualität musste der Kunde hinnehmen. Schäfer grübelte, kaufte sich einen gebrauchten Drucker aus Amerika und stellte ihn in eine leere Fabrikhalle. Doch die Maschine funktionierte nicht so, wie sie sollte, daher konnten Aufträge nicht pünktlich abgearbeitet werden. Schäfer investierte Monate und entwickelte den Großbilddrucker weiter. Er suchte Hilfe bei zwei Studenten der Königlich Technischen Hochschule Stockholm. Durch die Zusammenarbeit wurde der analoge Drucker 2010 auf Digitaltechnik umgestellt. Das kostete 600000 bis 800000 Euro. Die neue Maschine konnte nahtlose Großformate von maximal fünfzig Metern Länge und einer Detailqualität von 360 dpi ausdrucken – Infinitus war am 18. Juni 2013 geboren. Die Kosten je Quadratmeter Druck belaufen sich auf rund 40 Euro. Das stelle die Hälfte der Kosten eines Bühnenmalers dar, sagt Schäfer.
Im vergangenen Jahr druckte das Unternehmen 50000 Quadratmeter Kulisse, fast doppelt so viel wie im Vorjahr. Zu den Kunden gehören Opernhäuser auf der ganzen Welt, Filmstudios und Ausrichter von Veranstaltungen. „Die Komische Oper in Berlin spielt ,Die schöne Helena‘ mit unserer Bühnenausstattung“, erzählt Schäfer. Kontinuierlich arbeite man mit dem Studio Babelsberg zusammen. „Wir haben für viele Filme gearbeitet.“ Beispiele sind „Taking Sides – Der Fall Furtwängler“, „Der Pianist“ und das „Grand Budapest Hotel“.
Schäfer will in diesem Jahr eine zwölf Meter druckende Maschine entwickeln. „Es kommen immer mehr schnelle und gute Digitalprinter auf den Markt, aber nur bis zu einer Breite von fünf Metern.“ Das Tochterunternehmen in Potsdam macht einen Jahresumsatz von 2,6 Millionen Euro. Zusammen mit dem Hauptstandort in Schweden erzielt man einen Umsatz von 6,5 Millionen Euro. Aufträge kommen sogar aus Japan und den Vereinigten Staaten. Das Meisterstück sei eine Stoffwand, die die Sixtinische Kapelle im Vatikan nachempfinde, sagt Schäfer. Wer „Habemus Papam“ von Nanni Moretti 2011 im Kino gesehen hat, dürfte nicht erkannt haben, dass der gewaltige Raum nur auf Leinwand existierte.