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Die Überflieger, wenn’s um Bücher geht

Blinkist ermöglicht das „Lesen“ von Sachbüchern in ein paar Minuten. Die App hat rund eine Million Nutzer.

F.A.Z.

2.02.2017

Clarissa Schur

Max-Planck-Schule, Kiel

Sachbücher in ein paar Minuten lesen – das hört sich unmöglich an. Die Gründer der Berliner Blinks Labs GmbH, Tobias Balling, Niklas Jansen, Holger Seim und Sebastian Klein, versprechen genau das; dazu haben sie die Smartphone-Anwendung (App) Blinkist entwickelt. Laura Erler, Redaktionsleiterin von Blinkist, berichtet, die Gründer hätten nach einem Weg gesucht, wie man trotz einer hohen zeitlichen Belastung jeden Tag noch zum Lesen kommen könne.

Im Jahr 2012 wurde das Unternehmen gegründet, 2013 entstand die App. Nach Erlers Angaben ist das Spektrum an Büchern so breit, dass Blinkist die einzige App ist, die für jeden Wissensgeschmack etwas bietet. Ausgesprochene Fachbücher findet man aber nicht, sondern eher populärwissenschaftliche Literatur. Im Angebot sind die Kurzfassungen von mehr als 1500 Büchern, die man auf dem Smartphone, Tabletcomputer oder Laptop lesen kann – von Gesellschaft und Politik über Management bis hin zu Fitness, wo der Schwerpunkt auf Gesundheit und Medizin liegt. Die Texte werden in Deutsch und Englisch angeboten.

Rund eine Million Nutzer habe die App, und das Interesse steige. Im vergangenen Jahr lag der Umsatz bei etwas über 4 Millionen Euro, wie Erler berichtet. Es gibt zwei Abonnements: „Blinkist Plus“ kostet knapp 50 Euro im Jahr und „Blinkist Premium“ mit mehr Funktionen rund 80 Euro. In den Vereinigten Staaten ist der Umsatz nach Unternehmensangaben am höchsten. Deshalb hat der amerikanische Risikokapitalgeber Greycroft Partners vor etwa einem Jahr 4Millionen Dollar in Blinkist investiert.

Verlage werden am Umsatz beteiligt

Das Unternehmen beschäftigt 75 freie Autoren und in Berlin 35 feste Mitarbeiter. Die Mitarbeiter haben Lizenzverträge mit sechs Verlagen. Wenn sie Bücher in das Programm einbeziehen wollen, holen sie sich die Genehmigung der Verlage ein. Nach der Veröffentlichung der Kurzversion wird der Verlag, in dem das Buch erscheint, am Umsatz beteiligt.

Die Zusammenfassungen der Kernaussagen der Bücher nennt man Blinks; sie bestehen aus 200 bis 300 Wörtern und können in drei Minuten gelesen werden. Manche Texte werden auch vertont, bisher nur in Englisch. Das kann nach Angaben des Unternehmens bis zu 200 Euro je Blink kosten. Einen Blink zu erstellen dauere drei bis sechs Wochen. „Die App soll auf gar keinen Fall die Bücher ersetzen. Die Idee war von Anfang an, dass es eine zusätzliche Plattform ist, um sich Wissen anzueignen“, erklärt Erler.

Einer der Unternehmensgründer hat Psychologie studiert und ein Format entwickelt, Wissen so zu vermitteln, dass beim Leser viel hängenbleibt. Genutzt wird die App aus verschiedenen Motiven. Die einen wollen sich mehr Wissen zulegen. Andere hoffen, neue Bücher und Themen zu entdecken. Das Angebot zielt auch auf Menschen, die glauben, keine Zeit mehr zum Lesen zu haben, oder die Bücher altmodisch finden. Andere frischen den Inhalt eines schon gelesenen Buchs wieder auf.

Für Bücherwürmer

„Die App kann auch als Einstieg verwendet werden, um zu entscheiden, welche Bücher man kaufen will“, sagt Erler. Insgesamt gebe es unter den Nutzern zwei Hauptgruppen. „Die, die es beruflich nutzen, um sich Wissen für den Beruf anzueignen, und die Bücherwürmer, die privat viele Bücher lesen.“ Die meisten Aufrufe betreffen die Bereiche persönliche Entwicklung, Zeitmanagement und Psychologie sowie Bücher, in denen es darum geht, wie man sich im Beruf weiterentwickeln kann. Der größte Teil der Kunden ist nach Angaben des Unternehmens zwischen 25 und 45 Jahre alt.

Bei der Auswahl der Bücher schauen sich die Mitarbeiter Bestsellerlisten an; sie lesen zudem, was Leser über Bücher schreiben und was Prominente, die wie Bill Gates regelmäßig Bücherlisten veröffentlichen, empfehlen. Außerdem lässt das Unternehmen seine Nutzer über eine Bücherliste abstimmen. Nach Erlers Angaben kontaktieren auch Autoren Blinkist, weil sie durch die App auf das eigene Buch aufmerksam machen möchten.

Zur Veröffentlichung in der F.A.Z.

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