Der Pinsel ist eines der ältesten Werkzeuge der Erde“, sagt der Geschäftsführer der Wistoba GmbH&Co.KG, Arndt-Wilhelm Stollberg und verweist auf die Höhlenmalereien. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben europäischer Marktführer in der Herstellung von professionellen Malerpinseln. Jeder hatte schon einmal einen Pinsel in der Hand, doch besonders für professionelle Maler ist ein qualitativ hochwertiger Pinsel unersetzlich. So sei 1917 das Familienunternehmen Wistoba im beschaulichen Bad Lauterberger Ortsteil Barbis am Harz in Niedersachsen entstanden, berichtet Stollberg.
Aufgebaut wurde es von Wilhelm Stollberg und damals rund 300 Mitarbeitern. „Wir haben hier im Harz Holz und damit das Material für Stiele. Auch die Schweinezucht war ein Vorteil, denn diese benötigte man für die Borsten“, erzählt Stollberg. Heute arbeiten die Brüder Thorsten und Arndt-Wilhelm Stollberg auf 5000 Quadratmetern mit 85 Mitarbeitern.
Kunden können zwischen 2500 verschiedenen Produkten wählen; das Unternehmen stellt 6,5 Millionen Pinsel her und verkauft bis zu 8 Millionen Pinsel und Farbroller im Jahr. Man erwirtschaftet einen Umsatz von jährlich 10 Millionen Euro. Laut Stollberg ist das preiswerteste von Händlern zu erwerbende Produkt der Emaillelackpinsel Nr. 1000 für 25 Cent und das teuerste ein Dachsvertreiber Nr. 1815-99 für 90 Euro. Er sei der teuerste Pinsel der Maler und Lackierer und eigne sich zum Maserieren, der Holzimitation, oder zum Marmorieren, während der Emaillelackpinsel eingesetzt wird, um zum Beispiel Ausbesserungsarbeiten durchzuführen.
„Wir produzieren hauptsächlich für den Malergroßhandel und verkaufen an die Leute, die mit diesen Werkzeugen ihr Geld verdienen müssen. Ein Maler kann nicht die Borsten wieder von der Tapete abpflücken.“ Zu den Kunden zählen bekannte Farb- und Lackunternehmen wie Brillux und Caparol. Es gibt auch besondere Kunden wie Bühnenbildner, die Spezialartikel anfordern, oder noble Kunden wie Lamborghini, die spezielle Pflegeprodukte für ihre Autos bestellen.
Auch ins Ausland werden einige Produkte verkauft, wobei die Möglichkeiten begrenzt sind. „Der Pinsel in Spanien oder Frankreich hat zum Beispiel eine ganz andere Form, einen längeren Stiel und eine andere Borstengebung als in Deutschland; deswegen verkaufen wir hauptsächlich an die angrenzenden deutschsprechenden Länder“, sagt Stollberg. Etwa 85 Prozent der Produktion blieben in Deutschland, und 15 Prozent gingen ins Ausland. „Eine direkte Konkurrenz ist nicht vorhanden.“ Andere Unternehmen kauften viele Komponenten zu.
Gefragt sind Pinsel, besonders der Heizkörperpinsel, weiterhin. „Die Branche und ihre Produkte sind nach wie vor sehr gefragt“, sagt Thomas Holland-Letz vom Verband der Deutschen Pinsel- und Bürstenhersteller in Remscheid. „Hochwertige Pinsel werden von professionellen Malern und Künstlern benötigt. Der Bedarf an Haushalts- und Hygienebürsten ist zumindest konstant. Auch maschinenbetriebene Bürsten werden in der Industrie benötigt und sind für die Fertigung einiger Teile sogar unersetzlich.“
Der Trend gehe immer mehr zur maschinellen Herstellung, sagt Holland-Letz. „Bei speziellen Produkten und Sonderanfertigungen wird die handwerkliche Herstellung aber ihre Bedeutung behalten.“ Und die Produkte werden weiterentwickelt, besonders im Bereich der Fasern. „Eine wichtige Veränderung ist ein klarer Trend von der Naturfaser zum Kunststoffbesatz. Der Grund dafür liegt in der immer schlechteren Verfügbarkeit von Tierborsten und Pflanzenfasern in den benötigten Qualitäten“, erklärt Holland-Letz. Stollberg von Wistoba ergänzt: „Früher waren die Borsten vermehrt Schweineborsten. Heute sind viele Kunstfasern im Einsatz, denn sie sind genauso gut wie Naturborsten.“
Derzeit sind nicht genügend Rohstoffe wie Borsten vorhanden, weswegen man ebenfalls zur Kunstfaser greift. „Besonders in China hat es sich verändert. Die Leute wollen Schweinefleisch essen. Dementsprechend werden die Tiere mit rund neun Monaten geschlachtet, und die Borsten sind maximal 50 Millimeter lang. Für einen guten Pinsel benötigt man aber 70 Millimeter Borstenhaar“, erklärt Stollberg. Auch das Smartphone sei schuld daran, dass die Borsten immens teuer geworden seien, denn Konzerne wie Samsung und Apple hätten die Borsten aufgekauft. „Bei der Produktion eines Smartphones, welches abgerundete Ecken hat, müssen das Metall und das Glas poliert werden. Und dies geht nur mit Naturborsten.“