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Der Tod ist doch Käse

Im bayerischen Neuburg produziert Deutschlands einziger Mausefallenhersteller. Die meisten Kunden wollen das Tier lieber tot als lebendig. Das hat einfache Gründe.

F.A.Z.

5.02.2015

Natasha Victoria Kulawik

Landgraf-Ludwigs-Gymnasium, Gießen

Schädlinge gab es immer und wird es immer geben und so auch deren Bekämpfungsmittel“, glaubt Margit Keim. Sie sagt das mit Zuversicht, schließlich ist sie Prokuristin der Deufa Fallen Produktions- und Vertriebs GmbH, des nach ihren Angaben einzigen Herstellers speziell von Mausefallen, der in Deutschland produziert. Deufa (Deutsche Fallen) ist ein Familienunternehmen mit 15 Mitarbeitern und sitzt im bayerischen Neuburg. Seit 1892 werden dort Fallen produziert, mittlerweile in der vierten Generation. Angeboten werden Schlagfallen aus Holz, Metall und Plastik, die zu einem Preis zwischen 0,80 und 1 Euro verkauft werden, und Lebendfallen, die zwischen 6 und 8 Euro kosten.

In den Lebendfallen löst die Maus einen Kippmechanismus aus; sie ist dann eingeschlossen. In der Schlagfalle verliert sie hingegen ihr Leben. Wenn sie auf einem Brettchen sitzt, löst sie durch ihr Gewicht eine gespannte Feder aus und wird von einem Schlagbügel erschlagen. „Von den 2,4 Millionen Mausefallen, die 2014 verkauft wurden, waren rund 10 Prozent Lebendfallen“, berichtet Franz Keim, der Geschäftsführer von Deufa. Das Unternehmen vertreibt Fallen der Marken Luna, Luchs, Fox, Wina und Plasticat.

Nach Angaben von Margit Keim hat man generell rund 300000 Fallen auf Lager und verkauft zwischen 2 und 3 Millionen im Jahr. Vor allem in den kühlen Jahreszeiten sei die Nachfrage nach Mausefallen hoch. „Die Hauptsaison geht von September bis März. Im Sommer werden eher andere Fallen, zum Beispiel für Wühlmäuse, gekauft“, berichtet Franz Keim. Kunden sind vor allem Baumärkte. „Manche Großhändler fordern auch private Labels. Die Falle an sich bleibt aber gleich, nur das Design wird verändert.“

Traditionelle Schlagfallen aus Holz sind am meisten gefragt. „Das hat ganz einfache Gründe“, sagt Franz Keim. „Erstens sind sie billiger als Lebendfallen, und zweitens haben sie den Vorteil, dass man sie samt toter Maus wegwerfen kann. Manche Käufer sind mit einer lebendigen Maus in einer Falle schlichtweg überfordert.“ Als Köder eigne sich am besten Nuss-Nougat-Creme. „Sie lockt Mäuse viel besser an als Käse oder Speck.“

Auch international werden vor allem die traditionellen Schlagfallen verkauft, berichtet Reinhard Ewert aus Grünberg bei Gießen. Ewert sammelt Fallen aus aller Welt und stellt sie auch aus: „Ich besitze Fallen aus den Vereinigten Staaten, Brasilien und Europa.“ Nationale Unterschiede gebe es nicht, erklärt der Sammler, der ungefähr 180 Fallen besitzt.

Auf dem deutschen Markt für Mausefallen hat Deufa nach Angaben von Margit Keim einen Anteil von 25 bis 30 Prozent, der Jahresumsatz beträgt rund 1,5 Millionen Euro. Damit ist Deufa nach Angaben von Franz Keim in Deutschland Marktführer. Konkurrenz mache dem Unternehmen der Schweizer Hersteller Swissinno, das französische Unternehmen Lucifer und das österreichische Unternehmen Keim, das einem seiner Brüder gehöre. „Auf dem deutschen Markt werden außerdem importierte Mausefallen aus Amerika und Fernost verkauft“, fügt der Geschäftsführer hinzu.

30 bis 35 Prozent der Fallen exportiert Deufa in das europäische Ausland. Viele Kunden schenkten dem Unternehmen schon seit Jahren ihr Vertrauen, sagt Margit Keim. Weil Deufa seine Stammkunden behalten habe, stelle das Internet keine Konkurrenz dar. Für die Zukunft plant man jedoch mit einem eigenen Online-Shop, um die Kunden noch besser zu erreichen. Die Konkurrenz im Internet bekommen eher Sammler wie Reinhard Ewert zu spüren: „Das Interesse an historischen Mausefallen ist gestiegen. Beim Bieten auf Ebay macht sich das leider bemerkbar. Besonders intensiv wird in den Vereinigten Staaten gesammelt.“

Die Maschinen zur Produktion von Mausefallen stellt Deufa selbst her. Schon in den dreißiger Jahren produzierte man eine Mausefallenmaschine, die aus einem einzigen Stück Buchenholz eine Falle fertigte. Heute wird die Mausefalle nur noch zur Hälfte in der Maschine hergestellt: So können je Schicht 15000 Fallen produziert werden, bei der Produktion in einem Stück sind es nur rund 6000 Stück. Schlagbügel und Feder, die im Halbfertigprodukt noch nicht integriert sind, werden später von 18 Häftlingen einer Jugendvollzugsanstalt per Hand montiert. „Außerdem werden die Fallen gleich verpackt, was uns Arbeit spart“, sagt Franz Keim. Lebendfallen stellt Deufa hingegen komplett selbst her.

Margit Keim glaubt nicht, dass chemische oder andere technische Mittel der Schlagfalle künftig ernsthafte Konkurrenz machen werden. Sie sei schlicht der einfachste und billigste Weg. Außerdem spiele der Tierschutz eine Rolle, weswegen beispielsweise Wasserfallen verboten seien. Nach den Beobachtungen von Sammler Ewert ist die Nachfrage nach elektrischen und chemischen Verfahren zurückgegangen. Die Keims blicken optimistisch in die Zukunft. Selbst die wachsende Hygiene habe dem Geschäft nicht geschadet. „Besonders der Boden von Fast-Food-Läden ist für Mäuse ein gefundenes Fressen“, erklärt Franz Keim. Einer der Söhne studiere Maschinenbau, um das Unternehmen in der fünften Generation übernehmen zu können.

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