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Der Primat der Kunst

Wenn ungewöhnliche Künstler T-Shirts gestalten

F.A.Z.

19.06.2015

Mareike Klatt

Johann-Rist-Gymnasium, Wedel

Marcus Handvest, 38 Jahre, und Yvonne Kaltenecker, 33 Jahre, wollten T-Shirts mit einer Aussage herstellen. Im Oktober 2012 gründeten sie Art Joins Organic Fashion, die Ajoofa GmbH. Das Zwei-Personen-Unternehmen hat seinen Sitz in Ulm. „Wir wollten etwas Neues machen“, erzählt Handvest. Dabei ist man auf malende Menschenaffen in den Zoos Krefeld und Osnabrück gestoßen. Dort malen Orang-Utans, Schimpansen und Gorillas schon seit zwanzig Jahren Bilder, im Rahmen einer auf Freiwilligkeit beruhenden Tierbeschäftigungsmaßnahme. Die Affen klecksen auf Leinwände, wie es ihnen in den Sinn kommt. In Séparées leben die tierischen Künstler nach Lust und Laune ihre Kreativität aus - mit interessanten Ergebnissen. Genau diese haben Handvest und Kaltenecker fasziniert. Nun lassen sie die Kunstwerke auf T-Shirts drucken.

Nachhaltigkeit und Tierschutz sowie die Einzigartigkeit eines jeden Shirts sollen dabei im Vordergrund stehen. Bedruckt werden die Produkte ausschließlich in einer zertifizierten Druckerei aus Deutschland. Nach Angaben von Ajoofa gehen von jedem verkauften Produkt 2 Prozent der Nettoeinnahmen an den Zoo und 5 Prozent an Artenschutzmaßnahmen für Affen in freier Wildbahn. Innerhalb des Zoologischen Gartens profitieren primär die Künstler von den Spenden. Das Geld ermöglicht eine bessere Tierhaltung. Außerdem werden Farbdosen, Pinsel und Stifte gekauft.

Jedes T-Shirt ist mit einem Geocode ausgestattet. Er steht für den Ort des mit diesem Shirt unterstützten Naturschutzprojekts. Vermerkt ist außerdem der Name des exotischen Künstlers. Laut Handvest kostet die Produktion eines T-Shirts das Unternehmen rund 9 Euro. Es wird für 14,86 Euro an den regionalen Einzelhandel und an Online-Geschäfte weitervermarktet. Diese wiederum bieten Erwachsenenmodelle zu Preisen zwischen 35 und 55 Euro an. Kindershirts sind für etwa 25 Euro zu haben. Nach eigenen Angaben hat man 2013 und 2014 bei 1580 verkauften Produkten einen Umsatz von rund 29 700 Euro netto erzielt. „2013 und 2014 konnten wir rund 2200 Euro für die Zoos und den Tier-, Natur- und Artenschutz erwirtschaften“, sagt Handvest.

Die Verkaufszahlen reichen allerdings noch nicht, um einen Gewinn zu erwirtschaften. Ihren Lebensunterhalt verdienen die Unternehmensgründer deshalb in anderen Berufen. Handvest arbeitet als Informatiker, Kaltenecker als Grafikdesignerin. Die Ajoofa-Produkte und das dahinterstehende Konzept, das nach Unternehmensangaben bisher einzigartig auf der Welt ist, finden freilich immer mehr Anhänger, mittlerweile werden die Shirts auch nach Berlin und Mannheim verkauft.

Die derzeitigen Stars unter den Tierkünstlern sind die Orang-Utan-Geschwister Sungai und Changi aus Krefeld. Sungai wurde 2004 in Krefeld geboren, Changi erblickte 2010 ebenfalls in Krefeld das Licht der Welt und ist nicht nur Maler, sondern auch ein begeisterter Tüftler. Beide Affen probieren sich mit Kreide und Wachsmalstiften aus. „Der Orang-Utan bringt am meisten Passion für das Malen mit“, erklärt Handvest. Und das gewisse Talent darf auch nicht fehlen. Ist es erst einmal entdeckt, bedeutet das Malen eine spannende Abwechslung zum Zooalltag. Die Künstler malen mit Fingerfarben oder anderen Utensilien, die auch für Kleinkinder geeignet sind. Dann ist es ungefährlich, die Finger in den Mund zu stecken. Beim Malen entwickeln viele Affen Vorlieben für einen bestimmten Malstil oder ein Werkzeug.

Laut Petra Schwinn, PR- und Marketingbeauftragte des Zoos Krefeld und langjährige Begleiterin des Kunstprojektes, befinden sich die Affen auf dem Stand eines zwei bis drei Jahre alten Kindes. Doch auch Affen können unterschiedlich weit entwickelt sein. „Es gibt Affen, die angefangen haben, Schleifen zu malen. Da ist dann die psychologische Erkenntnis, dass der Entwicklungsstand weiter ist“, erklärt Schwinn. Der Zoo wird für die Kunstwerke nicht bezahlt. Weder das Unternehmen noch der Zoo können die Ergebnisse beeinflussen. „Das Malen ist ein Angebot an die Affen, und es gibt Tage, da nehmen sie das sehr gerne an“, erzählt Schwinn. „Oder aber sie drehen sich um, nehmen ihre Leckerei und gehen.“ Wenn der Affe keine Lust mehr aufs Malen hat, passiert es schon mal, dass eine Leinwand in die Brüche geht.

Bei einem gelungenen Kunstwerk wird die Leinwand zum Schutz der Farben versiegelt. Grafikdesignerin Kaltenecker entwirft dann ein T-Shirt. Manchmal werden auch nur Ausschnitte der Bilder verwendet. Zwei Kollektionen mit jeweils vier Produkten in verschiedenen Farbvarianten hat Ajoofa bis heute auf den Markt gebracht, eine weitere Kollektion liegt in der Schublade. „Diese geht in Richtung Tierspuren“, verrät Handvest.

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