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Bei Apple zählt oberflächliches Denken

Wer baut eigentlich die Läden des amerikanischen Elektronikkonzerns? Die Decken und Wände fertigt ein deutscher Mittelständler. Den Auftrag hat er sich erkämpft

F.A.Z.

14.09.2017

Paul Hermann

Hans-Böckler-Berufskolleg, Münster

Puristisch, kühl, klar, sachlich – das sind Apples Vorstellungen von einem guten Design. Dies zeigt sich auch dort, wo der amerikanische Elektronikkonzern seine Produkte präsentiert: in den Apple-Stores. Verwirklicht wird dies mit dem Werkstoff Metall. Dabei arbeitet Apple mit der Polenz GmbH & Co. KG Metall Design Manufaktur aus dem beschaulichen Lüdinghausen im Münsterland zusammen. Das mittelständische Unternehmen stattet seit gut zehn Jahren rund um den Globus Verkaufsstellen von Apple aus. Nicht nur der Ladenbau gehört zu seinem Metier, sondern auch die Gestaltung von hochwertigen Möbeln, Kunstobjekten, aufwendigen Treppen und Türen sowie von Geländern und Pools für Luxusyachten. Seit der Gründung vor gut dreißig Jahren hat sich der Unternehmensgründer und Geschäftsführer Jürgen Polenz auf die Gestaltung edler Metalle spezialisiert.

Die Apple-Stores sind der wichtigste Auftrag. Die Weise, wie Polenz an ihn gekommen ist, bezeichnet der Geschäftsführer als „typisch amerikanische Geschichte“. Bis vor gut zehn Jahren baute ein japanischer Hersteller den Großteil aller Geschäfte auf der Welt. Eines der ersten in Europa war der Laden in München. Für diesen wurde Polenz gebeten, die aus Asien stammende Einrichtung zu installieren. „Schon während der Installation habe ich über viele Dinge nachgedacht, die man verbessern könnte“, erzählt Polenz. Er trat dann mit einem eigenen Konzept an Apple heran – und bekam die Gelegenheit, in Cupertino, dem Sitz des Konzerns, seine Verbesserungsvorschläge zu präsentieren. „Für den ersten Termin war eine Zeit von drei Minuten eingeplant.“ Schon eine Woche vorher reiste Polenz in die Vereinigten Staaten, um seine Anschauungsmodelle vorzubereiten. „In wenigen Minuten wurde dann entschieden, ob meine Vorschläge gut sind oder nicht“, sagt er. „Mein Konzept fand man gut, und seitdem haben wir im Prinzip an jedem Store in Europa mitgebaut.“ Insgesamt war Polenz an 120 der rund 500 Apple-Stores auf der Welt, von denen sich mehr als die Hälfte in den Vereinigten Staaten befinden, beteiligt. Überwiegend ist Polenz für die Decken und Wände der Geschäfte verantwortlich. Sie waren lange Zeit mit großflächigen Edelstahlplatten verkleidet.

„Dass dieser Auftrag 50 Prozent des gesamten Umsatzes unseres Unternehmens ausmacht, würden viele Kaufleute als großes Risiko betrachten. Ich betrachte das als Segen, da ich sehr gerne für Apple arbeite“, behauptet der Geschäftsführer. Dabei drohte die Zusammenarbeit 2015 zu enden. Plötzlich war in Kalifornien kein Edelstahl mehr gefragt. Ganz in strahlendem und reinem Weiß sollten nach der Vorstellung der damals neuen Verantwortlichen, Angela Ahrendts, die Ladengeschäfte erscheinen. In Lüdinghausen standen Arbeitsplätze</CO> auf der Kippe. Der Geschäftsführer selbst tüftelte an neuen Materialmischungen. Apple war auch die Nachhaltigkeit des Materials wichtig. Und so besteht der neue Werkstoff nun nicht nur aus Quarz, sondern auch aus nachwachsenden Rohstoffen wie Mais, Raps und Leinsamenöl. Das Material wurde umfangreich getestet; sogar die erdbebensichere Montage wurde geprüft.

Neben dem neuen Wandmaterial hat Polenz auch das Befestigungssystem für dieses patentieren lassen. „Will man die Platten an die Wand bringen, reicht dazu ein Klick. Alles ist unsichtbar“, erklärt Polenz. Perfektion sei wichtig. „Es gibt in Apple-Stores keine Abweichungen von mehr als einem Millimeter, die akzeptiert werden würden.“

Allein im vergangenen Jahr sind gut 35 dieser neuen Läden entstanden. „Bestimmt der wichtigste ist der im World Trade Center in New York“, sagt Polenz. In Zusammenarbeit mit dem bekannten britischen Architekten Norman Foster, der auch die Kuppel des Reichstagsgebäudes entworfen hat, entstand ein monumentales Ladengeschäft über zwei Stockwerke.

Nach der erfolgreich bewältigten Krise hat sich die Polenz GmbH breiter aufgestellt. So wurde 2016 ein Drittel des Umsatzes von 20 Millionen Euro durch den Yachtbau generiert. Dabei geht es vor allem um Edelstahltreppen, Geländer und Pools für Luxusyachten von 70 bis 140 Metern Länge. Man kümmert sich auch um imposante Treppenaufstiege und extravagante Poollandschaften an Land. „Mich hat nie das Massenprodukt interessiert, sondern nur das Einzelstück“, sagt der Unternehmer. Abnehmer für die architektonischen Elemente und außerdem Türen, Möbel und Kunstobjekte sind vornehmlich Privatkunden.

Insgesamt machen sie aber weniger als 15 Prozent der Kundschaft aus, was vor allem an Apple und anderen Aufträgen für den Ladenbau liegt. Auch Luxusmodemarken wie Burberry, Dior, Hermès, Louis Vuitton und Edeljuweliere wie Tiffany & Co. und Van Cleef & Arpels gehören zur Kundschaft. Der Exportanteil von Polenz liegt bei fast 100 Prozent.

Die Nachfrage nach den Metallwaren aus dem Münsterland steige. „In den vergangenen Jahren haben wir jährlich 10 Prozent Wachstum erfahren und in gleichem Maße personell aufgestockt.“ Die Manufaktur beschäftigt 100 Mitarbeiter. Der Anteil an Handarbeit liegt immer zwischen 50 und 80 Prozent. Beim Thema Konkurrenz gibt sich Polenz gelassen: „Die Dinge, die wir bauen, sind einzigartig, da gibt es keine zehn Unternehmen in Europa, die mithalten können.“

Die Verwirklichung von Kunstobjekten macht zwar nur einen kleinen Teil der Aufträge aus, sie sind dem Unternehmer aber ein persönliches Anliegen. Ein Beispiel ist die 2011 gefertigte Skulptur „Gelber Engel“, ein von acht stählernen Engeln getragener Rettungshubschrauber am Kamener Kreuz. Dieses verbindet die A1 mit der A2 und ist einer der belebtesten Verkehrsknotenpunkte Deutschlands.

Im neuesten Projekt des Schlossermeisters geht es um das Wohnen in der Zukunft: Das Cube-House ist ein neues modulares Baukonzept, bestehend aus würfelförmigen Räumen, die beliebig zusammengesetzt und erweitert werden können. „Ich habe mir das Wohnen der Zukunft vorgestellt und bin zu dem Schluss gekommen, dass die herkömmlichen Baukonzepte die gefragte Flexibilität nicht bedienen können“, erklärt Polenz. Das Cube-House kann auch an einem anderen Ort wieder aufgebaut werden. Das Konzept ist patentiert und soll auch über das Internet frei konfigurierbar angeboten werden.

Zur Veröffentlichung in der F.A.Z.

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